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2.5.1.1 Einfluss der Dichtungen auf das Verhalten einer Gasturbine

Das Betriebsverhalten einer Gasturbine und seiner Komponenten hängt in hohem Maß von den Luft- und Luft/Öl-Dichtungssystemen zwischen Rotor und stehenden Komponenten ab. Die Verschlechterung der Leistungsabgabe (Deterioration) während der Betriebszeit zeigt sich in Form ansteigenden Kraftstoffverbrauchs (SFC = Specific Fuel Consumption) oder verringerter Leistung ( "Bild 2.5-2"). Einen großen Teil trägt der Verschleiß durch Anstreifvorgänge zwischen rotierenden (z.B. Rotorschaufeln, Zwischenringe und Labyrinthträger) und statischen Bauteilen (z.B. Gehäuse, Leitapparate und Dichtsegmente) zu diesem unerwünschten Effekt bei. Im Einzelnen läuft der folgende Vorgang ab:

Bei instationären Betriebszuständen, z.B. dem Hochfahren einer Maschine, dehnen sich die Rotorkomponenten der Dichtungen als Folge der Fliehkräfte und Wärmedehnungen anders aus als die statischen Komponenten. Solche Dichtungskomponenten werden gewöhnlich von den Gehäusen gehalten die deren Dehnung beeinflussen. Dadurch kann es zur Spaltüberbrückung und zum Anlaufen der Dichtung kommen. Die Aufheizung beim Anstreifvorgang vergrößert die Wärmedehnung und damit den Abrieb. So entsteht bei einem Anlauf ein relativ starker Ausrieb. Das bedeutet für den stationären Betrieb einen entsprechend großen Dichtungsspalt. Dass bei einem erneuten Start ein weiterer Anlauf stattfindet ist eher unwahrscheinlich. Ein ähnlicher Vorgang ist auch beim Abstellen denkbar, wenn das Gehäuse schneller schrumpft als der Rotor (siehe "Bild 3.1.2.4-2" und "Bild 3.1.2.4-3"). Natürlich sind die Spalte der neuen Maschine noch vergleichsweise eng. In der Einlaufphase der ersten Start-/Abstell-Zyklen einer Gasturbine sind somit relativ intensive Anstreifvorgänge zu erwarten. Man erkennt aber auch, dass ein vorsichtiges und vorschriftenkonformes Einfahren die laufenden Betriebskosten optimieren kann. Je schneller die Laständerungen erfolgen, umso größer sind die zu erwartenden Spaltvergrößerungen.

Es ist verständlich, dass Maschinen mit häufigen und schnellen Start/Abstellzyklen, wie sie für Spitzenlasten benötigt werden, einen stärkeren und schnelleren Wirkungsgradabfall erwarten lassen als Maschinen für Grundlastbetrieb. Neben den Begleiterscheinungen des Leistungsabfalls geht es um eine Vielzahl potenziell schadensauslösender Effekte deren Hauptursachen Luftleckagen an Schaufelspitzen (Lauf- und Leitschaufeln) und/oder Labyrinthen sind:

  • Verdichterpumpen (Strömungsabriss) im Verdichter durch Verkleinerung des Pumpgrenzenabstands ( "Bild 3.1.1-1" und 3.1.1-2). Übertemperaturen in der Turbine (Kapitel 3.3).
  • Verminderte Leistung beim Beschleunigen („Leistungsloch“).
  • Überhitzung von Scheiben und Wellen durch Heißgaseintritt (z.B. im Bereich von Labyrinthdichtungen in der Turbine).
  • Verschlechterte Effektivität der Heißteilkühlung. Dies gilt besonders für die Kühlung der Hochdruckturbinenschaufeln. Hier kommt es besonders schnell zur Temperaturerhöhung. Dies führt zur Lebensdauerverkürzung und/oder zum Versagen der Bauteile.
  • Erosion in Verdichter und Turbine durch den Abrieb beim Anstreifvorgang
  • Verstopfung der Kühlluftführungen mit nachfolgender Überhitzung gekühlter Heißteile durch den Abrieb des Anstreifvorgangs.
  • Fremdkörperschaden (engl. Foreigen Object Damage = FOD) an der Beschaufelung durch Ausplatzen größerer Belagstücke der Gehäuse.
  • Wellentrenner und/oder Durchtrennen von Rotoren durch Verschleiß und hohe Reibungstemperaturen.
  • Hauptlagerschäden als Folge veränderter Axialschübe. Diese ergeben sich aus, von Leckverlusten verursachten, Druckänderungen im Bereich der Rotorscheiben ( "Bild 2.5-2"). Gefährdet sind sowohl zu hoch belastete als auch unbelastete Wälzlager.
  • Ölaustritt und im Extremfall Ölfeuer bei Versagen von Sperrluft in Lagerkammern.
  • Zünden eines Ölfeuers in der Lagerkammer oder eines Titanfeuers (nur bei einer Beschaufelung aus einer Ti-Legierung) durch Funken und örtliche Aufheizung.
  • Schwingbrüche an der Beschaufelung infolge einer Schwingungsanregung beim * * Anstreifvorgang.
  • Rissbildung an Labyrinth- und Schaufelspitzen. Mehrere Rissentstehungsmechanismen sind möglich. Warmrisse, Thermoermüdungsrisse und/oder Risse durch hochfrequente Schwingungen. Es treten auch Kombinationen auf. Wenn z.B. hohe Reibungstemperaturen schwingbeanspruchte Bauteilzonen geschädigt haben. Es kann sich um Schädigungen wie ein Festigkeitsabfall (Gefügeveränderungen) handeln.
de/2/25/251/2511/2511.txt · Zuletzt geändert: 2023/08/16 09:34 von 127.0.0.1