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0. Einführung

Unser Beitrag für einen störungsfreien Betrieb

 Im vorliegenden Ratgeber sollen Probleme und Aufgaben die Situation des Betreibers einer Gasturbine am Beispiel des Autobesitzers deutlich machen.

Selbst wenn wir noch so gut versichert sind, ist dies keine Alternative zu einem schadenfreien Betrieb, wenn das Gefühl der Unsicherheit uns ständig belastet. Kommen doch zumindest Termine durcheinander. Werden Planungen umgeworfen, steht gewöhnlich Ärger an.

Für uns als technisch Denkende ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir unserem „treuen Freund“ Aufmerksamkeit entgegenbringen. Das bedeutet, wir trachten Mängel und Schäden möglichst von vornherein zu vermeiden. Hierfür müssen wir einiges beachten: Verschleißteile sind zu ersetzen sowie Verbrauchs- und Hilfsstoffe rechtzeitig auszutauschen oder zu ergänzen. Wir sollten auch auf äußere Erscheinungen wie Abgaswolken oder Öllachen achten. So gehen wir während des Betriebs jedem ungewöhnlichen Verhalten fachgerecht nach, oder, falls wir unserer Fachkenntnis nicht sicher sind, wir übertragen die Arbeiten Fachkundigen. Notwendige Reparaturen werden wir dort vornehmen lassen, wo wir Kompetenz und Seriosität erwarten können.

Solche Fürsorge beruht nicht auf einem Misstrauen gegenüber der Zuverlässigkeit des Fahrzeugs. Im Gegenteil, wir sind stolz auf unseren Beitrag zum sicheren Betrieb. Das Auto dankt es uns mit Verlässlichkeit, die wir entspannt nutzen können. Das gilt auch für den “Fahrer“ einer Gasturbine.

Sie können Ihren eigenen Beitrag dazu leisten, dass Ihre Turbine Sie möglichst lange mit einem problemlosen Betrieb erfreut. Die vorliegende Schrift will das notwendige Verständnis für den Umgang mit einschlägigen Vorschriften, Herstellerangaben und Spezifikationen vermitteln. Sie soll Ihnen Hilfestellung in Fällen bieten, die selbstständiges Handeln erfordern. Die folgenden Zeilen sollen Sie zur aktiven Problemvermeidung anregen. Diese Strategie der Problemvermeidung wird im Bewusstsein praktiziert, eine zuverlässige Maschine zu betreiben.

Zum ungewöhnlichen Betriebsverhalten einer Gasturbine gehören:

  • Besondere Geräusche,
  • das Austreten von Luft, Gas oder Hilfsstoffen ( "Bild 3.6.1-6"),
  • starke Vibrationen ( "Bild 4.1-11"),
  • Rauchentwicklung,
  • intensiver Geruch,
  • ungewöhnliche Rußbildung,
  • Funkenflug im Abgas (soweit das Abgas beobachtbar ist),
  • äußere Verfärbungen an Gehäusen und Rohrleitungen die auf örtliche Übertemperaturen hinweisen könnten ( "Bild 4.1-10").

MERKSATZ:

Was man nicht ausreichend durchschaut, kann durch scheinbar nebensächliche Aktionen zu gravierenden Problemen führen.

Eine wichtige Hilfe zur Vermeidung von Schäden ist die Erfahrung. Denn es gilt immer noch die Maxime „aus Schaden klug werden“. Natürlich ist anzustreben, Erfahrung ohne eigene Schäden und entsprechende Kosten zu sammeln. Dafür ist auf bekannt gewordene Beispiele zurückzugreifen. Die in diesem Heft dargestellte langjährige Erfahrung soll Sie auf Ihrem Weg als Gasturbinenbetreiber begleiten, Sie sensibel für die „Wünsche und Bedürfnisse“ Ihrer Maschine machen und Ihnen so die Freude an einer solchen Langzeitinvestition erhalten.

Haben wir bei der Beschaffung der Gasturbine die richtigen Auswahlkriterien wie in Kapitel 1 zugrunde gelegt und die entsprechende Gasturbine gefunden, ist ein erster wichtiger Schritt zum störungsfreien Betrieb getan. Damit ist eine Voraussetzung für den erfolgreichen zweiten Schritt, die Betreuung, getan.

Unsere Gasturbine benötigt eine Betreuung während der gesamten Nutzung (Kapitel 2). Diese beginntbeim vorschriftsmäßigen Fahren der Maschine. Sie schließt die Überwachung ein und endet bei Wartung und Überholung (Kapitel 4.1) noch nicht. Die Betreuung erfolgt natürlich in erster Linie nach OEM-Angaben und -empfehlungen. Sie beruhen auf Erfahrung und technischen Überlegungen (z.B. Auslegung derKomponenten). Zum Verstehen und richtigen Umsetzen der Vorschriften ist kompetentes undmotiviertes Personal erforderlich. Deren Ausstattung mit den notwendigen Hilfsmitteln sollte selbstverständlich sein. Haben wir unsere Maschine nicht zuletzt unter dem Aspekt der Wartungsfreundlichkeit ausgewählt, wird die Motivation umso besser sein. Unser Personal sollte auch in der Lage sein, durch dierichtige Bedienung der Maschine unerwünschte Betriebszustände zu vermeiden. Ein ungewöhnliches Betriebsverhalten sollte erkannt und eingeordnet werden. Es genügt dabei nicht, nur die Maschine allein zu betrachten. Eine richtige Entscheidung hängt auch davon ab, dass man in der Lage ist abzuschätzen, welchen Einfluss die Peripherie (Kapitel 3.7) vor und hinter der Maschine haben kann. Anweisungen und Handbücher sollten hier ausreichende und praktikable Entscheidungshilfe geben. Damit kann schnell,vorschriftsmäßig und sinnvoll auf ungewöhnliche Situationen reagiert werden.

Der Hersteller hat bereits mit seinen Vorschriften einen entscheidenden Anteil am Erfolg unserer Bemühungen. In solchen Dokumenten sind Fragen zu beantworten wie:

  • Welche Komponenten sollen wie lange betrieben werden (Kapitel 5.3)?
  • Welche Teile sind reparierbar ( "Bild 1.1-6")?
  • Sind Neuteile oder reparierte Teile zu verwenden ( "Bild 4.3.1-1")?
  • Wann sind welche Teile noch reparierbar ( "Bild 4.3.1-1")?
  • Sind Bauteile lebensdauerbegrenzt und gegebenenfalls nach welchen Kriterien (Kapitel 5.3)?
  • Welches sind die notwendigen Überhol- und Inspektionsintervalle (Kapitel 4.1)?
  • Wie ist die Wartung durchzuführen und was ist dabei zu beachten (Kapitel 4.1)?

Einer unserer Beiträge zum störungsfreien Betrieb wird es sein, Vorschriften einzuhalten.

Wie vielschichtig z.B. die Festlegung von Überholintervallen ist, zeigen folgende Überlegungen. DieWahrscheinlichkeit der Schadensentstehung verändert sich wie bei allen technischen Anlagen in typischerWeise mit der Betriebszeit. Sie folgt einer „Badewannenkurve“ ( "Bild 4.1-9"). Ein solches Verhaltenzeigt, dass die Schadensrate eben nicht einfach mit der Lebensdauer ansteigt. Erstaunlicherweise ist zuBeginn des Betriebs mit vermehrten Schäden zu rechnen. Hier machen sich Probleme bei der Fertigungund Montage bemerkbar. Auch mangelnde Erfahrung kann den Effekt beeinflussen. Der Abnahmelauf (Kapitel 1.2) und Erfahrung sind für die Abschwächung des Effekts, der sog. „Infant Mortality“ vonbesonderer Bedeutung. Schon allein wegen der anfänglich (d.h. nach jedem Überholvorgang, "Bild 4.1-2")erneut höheren Schadenswahrscheinlichkeit sollten die Überholintervalle möglichst groß sein. Die Phasemit niedriger Ausfallwahrscheinlichkeit, entsprechend dem horizontalen Kurvenverlauf, sollte also möglichstvoll genutzt werden.

Die Verhütung von Schäden durch Maschinenüberwachung.

Die vorbeugende Schadensverhütung ist der beste Weg für einen zuverlässigen Betrieb Ihrer stationären Gasturbine. Eine wichtige Hilfe ist die frühzeitige Schadenserkennung. Viele Schäden lassen sich mit einer kontinuierlichen Überwachung und Dokumentation wichtiger Betriebsparameter vermeiden (Kapitel 5.1). Temperatur, Drehzahlen, Drücke, Strömungsgeschwindigkeiten usw. sind für eine Überwachung (Monitoring) typische Parameter. Kenndaten wie Frequenz und Beschleunigungen von Vibrationen sind erfahrungsgemäß wichtige Indikatoren ( "Bild 4.1-11"). Die Auswertung dieser Daten in Trendanalysen ist besonders aussagekräftig ( "Bild 5.1-1"). Änderungen der Wirkungsgrade („Deterioration“) und des Betriebsverhaltens im Rahmen einer Lebensdauerüberwachung können frühzeitig schadensrelevante Einflüsse erkennen lassen ( "Bild 5.1-5" und "Bild 5.1-6"). So werden vorbeugende Sicherheitsmaßnahmen zur Schadensverhütung möglich. Wichtige Aussagen können wir auch aus regelmäßigen Analysen von Filterrückständen, Magnetstopfenablagerungen und Ölproben ableiten ( "Bild 3.5-4", "Bild 3.5-5" und Bild "Bild 3.5-7").

Wenn doch ein Schaden auftritt.

Wenn jedoch trotz unserer Bemühungen Probleme oder Schäden auftreten, ist eine Schadensuntersuchung mit einer Problemanalyse die Voraussetzung für eine gezielte und damit erfolgreiche Abhilfe. Eine solche Schadensanalyse ist aus drei Hauptschritten aufgebaut:

  • 1. Schritt: Faktensammlung: Hierzu gehört die Laboruntersuchung, die Dokumentation der Betriebsdaten und der Schadensablauf. Merke: Das Endergebnis kann nur so verlässlich sein, wie es die „Güte der Fakten“ zulässt. Hier schadet ein mehrmaliges Vergewissern nicht.
  • 2. Schritt: Erarbeitung der Hypothesen: Dies erfolgt gewöhnlich „kreativ“, wobei eine Vorauswahl zwischen unangenehmen Hypothesen und Lieblingshypothesen unzulässig ist.
  • 3. Schritt: Verifizierung der Hypothesen an Hand der Fakten: Von entscheidender Bedeutung ist, dass auch scheinbar nebensächliche Unstimmigkeiten eine Hypothese ausschließen. Möglicherweise sind deshalb mehrere Iterationen zwischen 2. und 3. Schritt erforderlich, bis eine widerspruchsfreie Hypothese erarbeitet ist.

Eine solche Vorgehensweise hat in jedem Fall den Vorteil der Transparenz. Auch eine Nachvollziehbarkeit zu einem viel späteren Zeitpunkt, wenn neue Fakten an der Schlussfolgerung zweifeln lassen oder wider Erwarten offenbar ein Parallelfall auftritt, ist so möglich. Natürlich wird sich der OEM das „Zugriffsrecht“ auf die Schadensteile vorbehalten, was bei Kulanz noch verständlich ist. Die Teile gehören jedoch dem Betreiber, wenn sie auf seine Kosten ersetzt wurden, d.h. wenn er diese bezahlt hat! Gewöhnlich sind bei größeren Maschinenschäden auch Versicherungen und von diesen betraute Gutachter einbezogen. Im Zweifelsfall werden diese die Untersuchung im Rahmen von Garantieansprüchen für sich reklamieren. Wünscht der Betreiber tieferen Einblick bei einem Schadensfall, sollte er die Möglichkeit erhalten, einen Fachmann seines Vertrauens hinzuzuziehen. Dieser müsste sich über den Ablauf und die Schlüsse der Untersuchung informieren können. Einer solchen Vertrauensperson sollte es möglich sein, der Schadensanalyse bei Hersteller und/oder der Versicherung beizuwohnen. In jedem Fall ist dringend zu empfehlen Art, Umfang und Termin des Untersuchungsberichts, falls der OEM die Untersuchung vornimmt, festzuschreiben. Die Option für eine solche Vorgehensweise ist bereits rechtzeitig (z.B. bei der Maschinenbeschaffung) zu vereinbaren. Gelingt dies nicht, ist zumindest bei scheinbar kleineren Problemen erfahrungsgemäß eine für den Betreiber befriedigende Rückmeldung nicht gesichert.

In den seltensten Fällen ist lediglich eine Ursache für einen Schaden verantwortlich, auch wenn sich eine Hauptursache ergibt. Die Erfahrung lehrt, dass gewöhnlich erst ein Zusammenspiel mehrerer ungünstiger Einflüsse zu einem Schaden führt. Es wird deshalb bewusst zwischen Schadensuntersuchung und Schadensanalyse unterschieden. Die Schadensuntersuchung ermittelt mit modernsten labortechnischen Mitteln (nach dem Stand der Technik) den Befund der Schadensteile. Gegebenenfalls muss die Peripherie in die Betrachtung einbezogen werden. Die Schadensanalyse erarbeitet daraus nach einer anerkannten Systematik die schadensursächlichen Einflüsse und nimmt deren Gewichtung vor. Typische Anzeichen für nicht zielführende Abhilfemaßnahmen (z.B. durch den Hersteller), falsche Gewichtung schadensrelevanter Einflüsse oder für eine unzureichende Analyse sind weitere Parallelschäden. Solche Parallelschäden werden oft mit der fälschlichen Argumentation verneint, dass es anscheinend jedesmal eine andere Ursache gibt. Eine solche Argumentation übersieht gewöhnlich, dass im vorliegenden Fall mehrere Einflüsse schadensursächlich wirksam sind. Die unterschiedliche Bewertung stellt sich bei Parallelfällen gewöhnlich im Nachhinein als eher willkürlich heraus.

Ein wichtiges Hilfsmittel der Schadensanalyse sind die Aufzeichnungen im Rahmen der erwähnten Betriebsüberwachung (engl. monitoring, Kapitel 5.1.1). Dabei ist neben dem Trend besonders die Zeit kurz vor und während dem Schadensereignis wichtig ( "Bild 3.5-4"). Eine schlüssige und widerspruchsfreie Übereinstimmung der Daten mit dem wahrscheinlichen Schadensablauf aus der Schadensanalyse ist unverzichtbar. Anzustreben wäre es, die teuer bezahlten und entsprechend wertvollen Erfahrungen in einer zentralen Dokumentation auswertbar zu sammeln. Dafür würde sich wegen der notwendigen Statistik eine Zusammenarbeit möglichst vieler Betreiber, vorzugsweise desselben Gasturbinentyps, empfehlen. Eine Schwachstellenanalyse ermöglicht die Erarbeitung gezielter und effektiver Abhilfen. So kann der Schaden für den Betreiber ein „Glück im Unglück“ werden und es lässt sich aus den erheblichen Schadenskosten noch Nutzen ziehen. Oft handelt es sich um eine für den jeweiligen Maschinentyp charakteristische Schwäche. Kennt der Betreiber diese, d.h. auch eventuell neues Betriebspersonal, lassen sich durch geeignete Vorgehensweisen ähnliche Schäden auch über lange Zeiträume vermeiden. Die Einstellung, dass Schäden nicht so ernst zu nehmen seien, weil eine Versicherung zahle oder der Hersteller Kulanz gewähre, kann nicht im langfristigen Interesse des Betreibers sein. Letzlich kommt er doch über höhere Anschaffungskosten oder hohe Prämien für den Schaden auf, vom Ärger einmal ganz abgesehen.

Bild 0-1

"Bild 0-1": Nach einem Schaden stellt sich die Frage der Verhütung bzw. die von Abhilfen. Natürlich sind diese mit dem OEM abzusprechen. Das Bild soll an typischen Maßnahmen zeigen, wie sich die Risiken von Schäden minimieren lassen. Insbesondere ist so in vielen Fällen ein Weiterbetrieb oder kurzzeitig die Wiederinbetriebnahme möglich. Maßnahmen stützen sich zuerst auf Angaben in Vorschriften bzw. Überhol- und Wartungshandbüchern. Sind hier Definitionen und Angaben zulässiger Fehlstellen bzw. spezifischer Vorgehensweisen unbefriedigend, ist der OEM zu konsultieren.

Überwachungsmaßnahmen kommen in Betracht, wenn der Schaden noch nicht zu unzulässigen Folgen oder einem untragbaren Risiko geführt hat. Beispiele sind langsam wachsende oder stehende Thermoermüdungsrisse in statischen Heißteilen (z.B. Brennkammer oder Turbinenleitschaufeln ( "Bild 3.2.3-1", "Bild 3.3-9" und "Bild 3.3-17"). Boroskopinspektionen lassen vorbeugende Überprüfungen, z.B. auf Fremdkörpereinschläge in der Beschaufelung zu ( "Bild 4.1-7" und "Bild 4.1-8"). Zerstörungsfreie Prüfungen wie mit Eindringstoff, Wirbelstrom oder Ultraschall können bei geeigneter Lage und Größe des Schadens im eingebauten Zustand oder nach vorübergehendem Ausbau (z.B. an Schaufelfüßen) erfolgen. Spänekontrollen von Magnetstopfen und Filtern (Öl, "Bild 3.5-3" und "Bild 3.5-5"; Kraftstoff) können sowohl den Schadensbeginn zeigen als auch Rückschlüsse auf betroffene Bauteile ermöglichen.

Betriebseinschränkungen werden gewöhnlich notwendig, wenn zumindest über eine gewisse Zeit „mit dem Schaden zu leben ist“. Das ist aber der Fall, wenn die Zeit für gezielte Maßnahmen nicht zur Verfügungsteht oder Ersatzteile fehlen. Die Einschränkungen richten sich nach Mechanismus und Fortschritt des Schadens ( "Bild 5.3-1"). Bei Ermüdungsproblemen im LCF-Bereich ( "Bild 3.1.2.1-0") wie unter zyklischer Belastung an Scheiben oder Thermoermüdung ( "Bild 3.3-16")an Heißteilen wird häufig die Zahl der Starts bis zum Tausch begrenzt. Dabei muss der Rissfortschritt, bezogen auf Starts und/oder Betriebszeit, bekannt sein. Das erfordert eine Auswertung der Bruchflächen von Schadens-teilen. Auch eine Absenkung der Wärmespannungen und Temperaturspitzen mit einem optimierten bzw. „vorsichtigeren“ Startvorgang kann erfolgversprechend sein (Kapitel 2.2.2). Probleme mit unzulässig starker Oxidationdürften eher eine Einschränkung der Betriebslebensdauer erfordern. Erhöhte Temperaturen der Beschaufelung durch Verstopfung von Kühlluftführungen ( "Bild 3.3-10") oder ungünstiger Temperaturverteilung im Heißgas ( "Bild 3.3-11") können eine Einschränkung der Leistung erforderlich machen.

Reparaturen vor Ort beschränken sich auf die Handbuchangaben. Dazu gehört beispielsweise das Ausblenden von mechanischen Beschädigungen(Fremdkörpereinschläge) der Beschaufelung. Risse in Gasführungen hinter der Gasturbine lassen sich häufig durch Schweißen reparieren. In einigen Fällen, in denen keine unzulässige Leckage zu erwarten ist, kann der Rissfortschritt durch Abbohren verzögert, meist jedoch nicht aufgehalten werden.

Wartung kann mit zusätzlichen Maßnahmen Schäden verhüten. Dazu gehören besondere Anstrengungen bei der Reinigung der Beschaufelung von Verdichter ( "Bild 4.2-1.1") und/ oder Turbine. Weiter ermöglichen häufigere Kontrollen des Öls (Analysen) eine Absicherung des Betriebs. Auch eine verbesserte oder angepasste Schmierung kann Probleme mit Verschleiß ( "Bild 3.6.1-7"), schwergängigen bzw. festsitzenden Bauteilen entschärfen. Tausch und Nacharbeit geschädigter Komponenten. Hierzu gehören Schaufeln mit bedenklichem Reibverschleiß ( "Bild 3.1.2.1-10") oder Heißteile (Brennkammer, Turbinenschaufeln) mit Schädigungen durch Thermoermüdung oder Oxidation. Sind noch keine Ermüdungsrisse an potenziell gefährdeten Bauteilen aufgetreten, kann eine Kugelstrahlbehandlung das Risiko minimieren.

Was man aus der Schadensstatistik lernen kann:

Schadensstatistiken sind für den Autobesitzer eine interessante und vielfältig nutzbare Lektüre. Sie helfen ihm bei der Auswahl wenn eine Neubeschaffung ansteht, zeigen ihm mögliche Schwachstellen seines derzeitigen Gefährts oder veranlassen ihn zu einem rechtzeitigen Verkauf. Ähnliche Erkenntnisse kann der Gasturbinenbetreiber aus den gesammelten Erfahrungen gewinnen, die eine statistische Auswertung von Schäden repräsentiert. Dabei geht es sowohl um Hinweise zur Schadensverhütung als auch um Bewertungshilfen bei der Beschaffung einer Maschine oder um Vorgehensweisen bei Betrieb und Wartung. Nutzbare Veröffentlichungen stammen in erster Linie von Maschinenversicherungen. Hier ist eine weitgehende Interessengleichheit mit dem Betreiber anzunehmen. Beide wollen Schäden verhüten. Deshalb sind Angaben der Versicherer gewöhnlich gut zur Meinungsbildung geeignet. Nach R.E. Dundas (Lit 0-1) unterscheiden sich die komponentenabhängigen Schadenskosten bei Triebwerksderivaten im Einzelfall durchaus von den entsprechenden Kosten der Heavy-Frame-Maschinen (HFM). "Bild 0-2" zeigt diese Zusammenhänge und lässt erkennen, dass ein hoher Anteil der Schäden zumindest teilweise dem Hersteller anzulasten ist. Leistungssteigerung (engl. uprating) durch Dampfeinblasung ( "Bild 2.1-3.4" und "Bild 3.2.2-3") hat zumindest im Auswertungszeitraum zu einer Vielzahl sehr kostenintensiver Schäden geführt. Das beleuchtet generell die Problematik neuer Technologien und nachträglicher Leistungsanhebung. Das Schadensverhalten ist auch in den Leistungsklassen von Derivaten und HFM unterschiedlich ( "Bild 0-3"). J. Leopold betrachtet ( "Bild 0-4") die Primärursachen, d.h. die eigentlichen Ursachen der Schäden und die betroffenen Komponenten (Lit 0-2). Aus "Bild 0-5" ist wiederum der hohe Anteil an Produktfehlern zu erkennen. Es handelt sich meist um vom Hersteller zu verantwortende Probleme. Solche Schäden waren zwar im neueren Auswertungszeitraum offenbar leicht rückläufig, aber immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Die Einführung neuer Technologien, die weitere Verbesserung der Wirkungsgrade (z.B. Temperaturerhöhung im Heißgasbereich) sowie Leistungssteigerungen lassen keinen entscheidenden Rückgang der Probleme erwarten. In "Bild 0-5" ist auch das Verhalten bzw. die Schadenshäufigkeit der Einzelkomponenten über der Betriebszeit dargestellt. Hier sind ebenfalls Turbinenleit- und -laufschaufeln am stärksten von Schäden betroffen. Dabei tritt ein Maximum zum Revisionszeitpunkt auf. Dies ist damit zu erklären, dass die Schäden vor einem Ausfall der Maschine entdeckt werden und als Reparatur- oder Ersatzkosten zu Buche schlagen. Das Phänomen der “Badewannenkurve” ( "Bild 4.1-9") ist hier zu nennen. Zum direkten Vergleich eines Flugtriebwerks mit dem zugehörigen Derivat (Lit 0-5) kann "Bild 0-7" dienen, obwohl die Auswertungen bereits recht lange zurückliegen. Hauptunterschied ist, dass bei Triebwerken die Lebensdauerbegrenzung die Reparaturen veranlasste. Beim Derivat handelte es sich dagegen um akute Probleme an Turbine und Verdichter. Der Unterschied könnte sich wie folgt erklären: Die Derivate wurden ohne entsprechende Lebensdauerbegrenzungen bis zum Problemeintritt an den Komponenten betrieben. Bei den Triebwerken kam dagegen die Sicherheitsphilosophie der Luftfahrtgeräte zum Tragen.

 Bild 0-2

"Bild 0-2" (Lit 0-1): Diese Literatur aus dem Jahr 1994 über die Auswertung von Schäden an Industriegasturbinen in den USA, lässt einige interessante Schlüsse zu. Natürlich ist eine solche Statistik abhängig von der Zahl und den Eigenarten einzelner Maschinentypen. Sie ist somit in ihrer Allgemeingültigkeit eingeschränkt. Es geht hier um die ursachenbezogenen Kosten einzelner Schäden, aufgeteilt auf Triebwerksderivate und Heavy-Frame Maschinen ( "Bild 2.1-7" und "Bild 2.1-8"). Gemeinsame Schadensursachen:

Strömungsabrisse im Verdichter ( "Bild 3.1.1-2" und "Bild 3.1.1-6"): Offenbar sind solche Betriebsstörungen bei (Flugturbinen-) Derivaten sehr viel kostenträchtiger als bei Maschinen der schweren Ausführung (Heavy-Frame). Die Schäden an Derivaten stehen oft im Zusammenhang mit Dampfeinblasung für eine Leistungssteigerung ( "Bild 2.1-3.4" und "Bild 3.2.2-3"). Dies verschob den Betriebspunkt des Verdichters zur Pumpgrenze ( "Bild 3.1.1-1"). In der Folge waren die Pumpvorgänge offenbar so heftig, dass große Zerstörungen im Verdichter eintraten. Durch eine entsprechende Überwachung bzw. Regelung der Maschine müssten heute solche Probleme beherrschbar sein. Hier dürfte es sich um ein Beispiel für die Problematik einer Leistungssteigerung (engl. uprating, "Bild 2.1-3.4") handeln. Ermüdungsschäden (HCF) an Verdichterschaufeln: Es handelt sich um eine Schadensart die in den meisten Fällen vom Hersteller zu verantworten ist. Die Verdichterleitschaufeln scheinen bei Grundlastmaschinen besonders betroffen zu sein. Das ist verwunderlich, weil die Maschinen eigentlich in einem schmalen Betriebsdrehzahlband mit relativ wenigen Startzyklen laufen. So sollte ein gefährlich langer Betrieb im Resonanzbereich der Schaufeln, einfacher als bei Derivaten mit typischem Spitzenlastbetrieb, bereits in der Auslegung vermeidbar sein. Möglicherweise unterstützt die umfangreiche Erprobung der Triebwerksvarianten und deren typisch große Anzahl von Maschinen eines Typs, die sichere Beherrschung der häufigen Lastwechsel und Startzyklen. Ermüdungsschäden (HCF, "Bild 3.1.2.1-0") an Turbinenschaufeln: Die Statistik lässt erkennen, dass die Schadenskosten der Heavy Frame Maschinen deutlich höher sind als die der Derivate. Offenbar profitieren die Derivate auch hier von den umfangreichen Erprobungen der Triebwerksvarianten. Diese Schäden fallen gewöhnlich ebenfalls in den Verantwortungsbereich des Herstellers. Ursache ist meist eine Resonanz der Schaufel ( "Bild 3.1.2.1-9"). Dabei spielen periodische Strömungsstörungen im Gaskanal eine besondere Rolle. Auch Flatteranregungen (selbsterregender aerodynamischer Vorgang) wurden als Schadenursachen identifiziert. Gefährdet waren im Blattspitzenbereich relativ schmale (kurze Sehnenlänge) T-Rotorschaufeln von leistungsgesteigerten Maschinen. Was diese Problematik verdeutlicht.

Schäden bei Triebwerksderivaten ( "Bild 2.1-7")

Thermische Rissbildung (Thermoermüdung, "Bild 3.3-16"): Im Zusammenhang mit der Dampfeinblasung zur Leistungssteigerung erfolgte Rissbildung im Bereich der Streben an den Turbinengehäusen eines bestimmten Herstellers. Genauere Angaben werden in der Literatur dazu nicht gemacht, es scheint sich aber um eine Rissbildung zu handeln, die auf Grund hoher Wärmespannungen eintrat. Turbinenscheibenschaden: Es handelte sich offenbar um eine konstruktive Schwachstelle. Kerben als Folge der Scheibengeometrie ( "Bild 3.1.2.1-5a6a7a8") führten bei einem bestimmten Maschinentyp zur LCF-Ermüdung ( "Bild 3.1.2.1-0" und "Bild 2.2-5"). Damit bestimmten die Startzyklen die Lebensdauer der Scheibe. Von einer LCF-Lebensdauerbegrenzung hochbelasteter Rotorkomponenten ist bei modernen Flugtriebwerken auszugehen.

Schäden bei Heavy Frame Maschinen ( "Bild 2.1-8")

Kühlluftverlust an T-Rotorschaufeln trat offenbar nur bei Heavy Frame Maschinen mit einem externen Luft/Luft-Kühlsystem auf. Nach einer Fehlfunktion der Dampfeinblasung kam es beim Abschalten zur inneren Vereisung. Dadurch reichte der Kühlluftstrom nicht mehr aus, um die Heißteile ausreichend zu versorgen. Die Folge der Übertemperaturen waren Kriechschäden, die anscheinend erst nach längeren Laufzeiten bemerkt wurden. Von der Überhitzung waren nicht nur Turbinenrotorschaufeln, sondern auch die zugehörigen Turbinenscheiben betroffen. Bei solchen Anordnungen wird deshalb eine Überwachung des Kühlluftstroms dringend empfohlen, um eine derartig “schleichende” Schädigung rechtzeitig zu erfassen.

Kriechbrüche ( "Bild 2.3-1" und "Bild 2.3-2") an Turbinenschaufeln: Für diese Folgeschäden einer Übertemperatur oder von Laufzeiten über die Auslegung hinaus gibt es einige mögliche Ursachen. Hier zwei Beispiele: Oft handelt es sich um Folgen unzureichender Kühlluftversorgung. Wenn der Hersteller z.B. die Verschlechterung der Dichtsysteme ( "Bild 1.1-3" und "Bild 3.3-11") während der Betriebszeit unterschätzt hat, kann eine solche Situation eintreten. Auch Verstopfungen im Kühlluftsystem durch angesaugten Staub oder unzulässig starke Oxidation können Kriechschäden auslösen ( "Bild 3.3-12"). Ein ähnlicher Effekt ist zu erwarten, wenn Werkstoffdaten unzulässig optimistisch auf lange Laufzeiten extrapoliert wurden oder der Betreiber sich über empfohlene Lebensdauern hinwegsetzte.

Interne Feuer und Explosionen: Diese Ereignisse standen im Zusammenhang mit einem Verlöschen der Brennkammer oder mit Schnellabschaltungen und anschließend ungenügender Drainage des Restkraftstoffs. Eine eigene Problematik sind Flammrückschläge ( "Bild 3.2.1-5.2") oder Selbstzündung in Vormischern von Brennkammern. Bei Triebwerksderivaten mit einer Verdichterbeschaufelung aus einer Titanlegierung ist ein Titanfeuer als Folgeschaden (z.B. eines Schaufelbruchs) nicht auszuschließen (hier statistisch nicht erfasst).

Bild 0-3

"Bild 0-3": In diesem Bild ist nach Angaben der Literatur (Lit 0-1) der prozentuale Anteil der Maschinen und die Verteilung der Schäden auf Leistungsklassen dargestellt. Die Summe der Prozentangaben versicherter Maschinen aller Leistungsklassen (weiße Balken) ergibt 100%. Darüber hinaus sind die Schadenskosten pro kW abgegebener Leistung aufgetragen. Die Auswertung bezieht sich auf die Angaben mehrerer Versicherungen in den USA.

Leistungsklasse bis 9000 kW: Wider Erwarten sind in der relativ niedrigen Leistungsklasse bis 9000 kW deutlich weniger Derivate versichert als Heavy Frame Maschinen (HFM). Bezieht man die Schadenskosten auf die installierten kW und vergleicht bei beiden Maschinenkonzepten den Bereich bis 9000 kW fällt Folgendes auf: Der Schaden einer HFM verursachte im Durchschnitt mehrfach höhere Kosten als bei “Derivaten”. Dagegen war der prozentuale Anteil der HFM-Schäden im Leistungsbereich bis 9000 kW niedriger als der Vergleichswert für Derivate. Dies könnte an unterschiedlichen Betriebszyklen liegen. Für die HFM ist der Grundlastbetrieb typisch, für Derivate der Spitzenlastbetrieb (vergleiche hierzu "Bild 0-7"). Diese Unterschiede sind bei HFM bis 1500 kW besonders ausgeprägt. Offenbar haben Derivate häufiger “kleinere Schäden”. Wenn dagegen eine HFM ausfällt, muss mit höheren Kosten gerechnet werden. Wie die Kosten der Nichtverfügbarkeit der Maschine eingehen (die mit Sicherheit für Grundlastmaschinen höher sind als bei Spitzenlastmaschinen), ist nicht angegeben.

Leistungsklasse 9000-25000 kW: Fast 80% aller Derivate befinden sich in diesem Leistungsbereich. Nur etwa 20 % der HFM sind hier vertreten. Der Schadensanteil und die Kosten des mittleren Schadens sind zwischen beiden Maschinenkonzepten durchaus vergleichbar.

Leistungsklasse über 25000 kW: Es fällt auf, dass Derivate von Schäden mehrfach stärker betroffen sind als HFM (bis 70000 kW). Dagegen sind die mittleren Schadenskosten durchaus vergleichbar.

Fazit: Heavy Frame Maschinen zeigen in den unteren und oberen Leistungsklassen vergleichsweise wenig Schäden. Diese sind aber in den unteren Klassen, bezogen auf die abgegebene Leistung, sehr kostenträchtig. Im mittleren Leistungsbereich unterscheidet sich das Schadensverhalten zwischen HFM und Derivaten kaum. Es ist zu hoffen, dass ein Angleich der Schäden auf vergleichbar niedrigem Niveau für alle Leistungsklassen erreicht wird.

 Bild 0-4

"Bild 0-4": Dieses Bild stützt sich auf Arbeiten von J.Leopold (Lit 0-2) aus den Jahren 1980 (Zeitraum 1970 bis 1979 mit ca. 240 Schäden) und 1987 (Zeitraum 1981 bis 1986 mit über 180 Schäden). Betrachtet wurden 110 Maschinen (1980) im stationären Einsatz von 900 kW bis 88 MW Leistung. Obwohl die ausgewertete Literatur bereits älter ist, dürften Tendenzen immer noch Gültigkeit haben. Interessant ist neben der Verteilung der Schadensursachen und der betroffenen Komponenten die zeitliche Veränderung. Das lässt eine Auskunft über Entwicklungen und Erfolge bei der Schadensverhütung erwarten.

Schadensursachen: Der weitaus größte Anteil der Schäden ist auf sog. Produktfehler zurückzuführen. Diese Fehler sind definitionsgemäß vom Hersteller, der Planung und der Installation zu verantworten. Ca. 20% der Schadensursachen lassen sich sogenannten Betriebsfehlern zuordnen. Sie setzen sich zu etwa gleichen Teilen aus Wartungsfehlern und Bedienfehlern zusammen.

Betroffene Bauteile: Brennkammer und Turbine (Heißteile) sind am schadensträchtigsten. Turbinenleit- und -laufschaufeln beanspruchen den Löwenanteil. Dagegen sind Schäden im Verdichterbereich deutlich seltener. Bemerkenswert ist der relativ hohe Anteil an Lagerschäden (Kapitel 3.5.2). Ventile, Luftführungen und Leitungen sind in diesem Sinne ebenfalls nicht zu vernachlässigen.

Trends und Schlussfolgerungen: Produktfehler haben über die Zeit leicht abgenommen, sind aber immer noch sehr hoch. In diesem Zusammenhang dürfte immer noch gelten was J.Leopold bereits 1980 fand: “Trotz extensiver Reparaturbemühungen auf Grund früher Fehlertrends in Neuentwicklungen, blieben die verbesserten Versionen nicht immer fehlerfrei. Schwachpunkte in der Konstruktion wurden erst nach sehr viel mehr Laufstunden und Starts deutlich”. Der Anstieg der Betriebsfehler auf über 20 % wird auf deutlich steigende Wartungsfehler zurückgeführt, während Bedienungsfehler unter 5% fielen. Dies spricht für eine Kompetenzsteigerung des Bedienungspersonals. Der Anteil von Fremdkörpern (Kapitel 3.1.2.2) als primäre Schadensursache wurde 1987 mit ca. 10% angegeben. Das rechtfertigt erhöhte Anstrengungen zu deren Vermeidung.

 Bild 0-5

"Bild 0-5": Den Hintergrund zu dieser Auswertung beschreibt "Bild 0-3". Es handelt sich um Angaben von J.Leopold aus dem Jahr 1980 (Lit 0-2). Sie können immer noch als bemerkenswert und als eindrucksvolle Bestätigung der Badewannenform der Schadenshäufigkeit über der Betriebszeit ( "Bild 4.1-9") gewertet werden. Auffällig ist eine besondere Schadenshäufigkeit gerade an Heißteilen in der frühen Installations- und Garantiephase. Eigentlich würde man von diesen Bauteilen eher Langzeitschäden zu einem entsprechend späten Zeitpunkt erwarten. Es folgt eine Phase mit relativ niedriger Schadensrate. Diese steigt dann mit dem Zeitpunkt der großen Inspektion (Kapitel 4.1.2) zwischen 15 000 und 20 000 Betriebsstunden wieder deutlich an. Als Grund gibt Leopold für diese Beobachtung an, dass erst bei der Öffnung der Maschinen die Schwachstellen erkannt werden. In der folgenden Phase scheinen sich neue Verbesserungen und Änderungen in einer niedrigen Schadensrate abzuzeichnen.

 Beispiel 0-1

Beispiel 0-1: Während der Inspektion einer geöffneten “Pipeline-Gasturbine“ lief unmittelbar neben dieser eine weitere im vollen Betrieb. Deutlich war im Vorbeigehen ein von dieser nicht zu inspizierenden Maschine ausgehender Luftstrahl zu spüren. Ein Blick nach dessen Ursprung zeigte, dass eine Luftentnahmeleitung, der im Betrieb befindlichen Gasturbine, bereits nahezu abgerissen war. Ein vollständiger Bruch dieser Heißluftleitung stand offenbar kurz bevor. Umfangreiche Folgeschäden mit Personengefährdung wären zu erwarten. Dem Betreiber war dieser gefährliche Mangel nicht aufgefallen, obwohl er sich hier mehrmals am Tag aufhielt. Möglicherweise spielt in solchen Fällen auch eine gewisse „Betriebsblindheit“ eine Rolle.

 Bild 0-6

"Bild 0-6": In dieser Darstellung nach T.D. Matteson (Lit 0-4) ist erkennbar, dass zumindest bei hier ausgewerteten Flugtriebwerken die meisten Schäden (ca. 90%) keinen ausgeprägten Häufigkeitsanstieg mit der Betriebszeit zeigen. Es ist jedoch festzustellen, dass gerade kostenintensive Heißteil- und Verdichterschäden wie Ermüdung ( "Bild 2.2-5") und Kriechen ( "Bild 2.3-2" und "Bild 2.3-3") eine typische Betriebszeitabhängigkeit aufweisen. Trotzdem "Bild 0-6" wird gefordert Wartungs- und Inspektionsprogramme zu erarbeiten, die Revisionen ( "Bild 4.1-1") mit weitestgehender Demontage minimieren. Die Fortschritte in der Überwachung (Monitoring, Kapitel 5.1.1) und der Sensorik ermöglichen auch in der Industrieanwendung neue Perspektiven.

 Bild 0-7

"Bild 0-7": Diese Ausarbeitung (Lit 0-5) stammt von einem Überholshop aus dem Jahre 1974. Sie zeigt die Erfahrungen mit dem Flugtriebwerkstyp JT-4 und vergleicht diesen mit dem Derivat GG4. Bei diesem Maschinentyp scheinen, bis auf die Lager- und Ölsystemprobleme, gravierende Unterschiede zwischen Derivat und Triebwerk zu bestehen (vergleiche hierzu "Bild 0-3"). So sind bei der Triebwerksversion die Gründe für Reparaturen vorgegebene Lebensdauergrenzen. Beim Derivat sind es dagegen offenbar akute Probleme an Verdichter und Turbine. Auch fällt der hohe Anteil an Fremdkörperschäden bei der Industrieanwendung auf. Fehlende oder weniger effektive Filter vor den Maschinen in den frühen 70er-Jahre erscheint keine plausible Erklärung.

Fazit: Schwachstellen von Triebwerken und ihren Derivaten können sehr unterschiedlich und typabhängig sein. Der stationäre Betrieb in der Industrieanwendung beansprucht die Maschinen offenbar anders als der Flugbetrieb. Der Unterschied zeigt sich oft erst in der zeitlichen Verteilung ( "Bild 0-5").

Literatur zu Kapitel 0

0-1 R.E.Dundas,“A Statistical Study of Gas Turbine Losses and Analysis of Causes and Optimum Methods of Prevention“, ASME Paper 94-GT-297, (1994).

0-2 J.Leopold, Allianz Versicherungs-AG, „Experience with Stationary Gas Turbines of Modern Design“, Der Maschinenschaden, Vol 53 (1980).

0-3 J.Leopold, Allianz Versicherungs-AG,“Bemerkenswerte Schäden an Industriegasturbinen“, Der Maschinenschaden 61 (1988) Heft 3.

0-4 T.D.Matteson,“Do We Really Understand Maintenance?“, AIAA, New York, NY, USA (1987).

0-5 J.K.Goodwine,R.C.Stradley,“Maintenance Considerations in Aircraft-Derivative Industrial Gas Turbines“,SAE Paper 740847

 
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