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3.2.1 Konstruktive Gestaltung von Brennkammern
Man kann zwei konstruktiv unterschiedliche Grundformen der Brennkammern unterscheiden. Ältere Maschinen haben mehrere, am Umfang verteilte, vorzugsweise relativ lange, axial ausgerichtete Rohrbrennkammern. Jede besitzt eine oder mehrere Düsen für eine direkte Einspritzung des Kraftstoffs. Üblicherweise gewährleistet eine umlaufende Verbindung die gleichzeitige Zündung. Neuere Maschinentypen haben sogenannte Ringbrennkammern. Diese Brennkammern zeichnen sich durch eine sehr kurze axiale Länge aus. Die Verbrennung erfolgt im umlaufenden Ringraum. In ihn spritzen mehrere, am Umfang gleichmäßig verteilte Düsen den Kraftstoff ein. Maschinen der neuesten Generation, die auf besonders niedrige Schadstoffemissionen hin entwickelt wurden, haben Ringbrennkammern mit konzentrisch angeordneten Kraftstoffdüsen ( "Bild 3.2.2-2"). In der Entwicklung und teilweise bereits im Einsatz befinden sich besonders schadstoffarme Konstruktionen für die stationäre Anwendung. Sie zeigen eine konstruktive Verwandtschaft zu beiden Brennkammertypen: rohrförmige vordere Brennkammerpartien von relativ großer Länge laufen schräg in einen hinteren Ringraum. Eine weitere, häufig angewandte Grundform, besonders bei älteren Maschinentypen, ist die Tangentialbrennkammer (siehe "Bild 2.1-6.1" und "Bild 3.2.1-2").
Sowohl Derivate ( "Bild 3.2.2-2") als auch Gasturbinen der schweren Bauart nutzen heute Vormischkammern ( "Bild 3.2.1-5.1") zur NOx-Reduzierung. Die Brennkammer ist vom druckaufnehmenden Brennkammergehäuse umschlossen ( "Bild 3.2.1-1"). Zum Rotor wird die Brennkammer durch einen zylindrischen Mantel getrennt. Er dient als innere “Druckkesselwand“, zusätzlich soll er eine unzulässige Aufheizung des Rotors verhindern. Am Brennkammeraustritt befindet sich, meist in Verbindung mit dem HDT-Leitapparat, eine Halterung.
Brennkammerwandungen haben mehrere Funktionen: Schaffung von Brennraum, Zufuhr von Verbrennungsluft, Steuerung der Verbrennung, Führung des Heißgases in die Turbine und Erzeugung einer geeigneten Temperaturverteilung im Heißgas am Austritt ( "Bild 3.2.3-2"). Die Brennkammerwandungen müssen durch geeignete Mittel vor Überhitzung geschützt werden. Üblich sind Kühlluftschleier die von Bohrungsreihen, Kiemen oder Ringschlitzen nahezu parallel zur Wand eingeblasen werden. Die Kühlluft lässt sich mit besonderen Anordnungen effektiver als mit Schlitzen und Bohrungen nutzen. Es handelt sich um poröse (Effusionskühlung) oder mehrwandige gelochte Blechstrukturen. Zur weiteren Einsparung von Kühlluft werden heute die Brennkammerwandungen auf der Innenseite zunehmend mit keramischen Thermobarrieren beschichtet. Eine Besonderheit bilden sogenannte Schindelkonstruktionen neuerer Maschinen ( "Bild 3.2.1-4"). Die Brennkammerwand zum Brennraum trägt eine Vielzahl kachelartiger “Schindeln“ aus besonders warmfestem Werkstoff. Metallische Schindeln können mit keramischen Spritzschichten versehen sein. Auch vollkeramische Schindeln kommen bereits zum Einsatz (Lit. 3.2-30). Die Schindeln werden von der Rückseite mit Luft gekühlt, die durch Spalte zwischen den Schindeln in den Brennraum strömt.
Schindelkonstruktionen haben den Vorteil, dass die tragende Funktion von der Funktion vom Hitzeschutz getrennt ist. So sind die Forderungen unabhängig voneinander optimierbar. Die Schindeln können sich dank der Spalte gegeneinander bewegen und Thermodehnungen ohne Probleme ausgleichen. Damit ist eines der Hauptprobleme aller Brennkammern, die Thermoermüdung, besser in den Griff zu bekommen. Die Schindelkonstruktion ermöglicht es, örtliche Beschädigungen der Brennkammer durch Auswechseln der Schindeln kostengünstig zu reparieren. Sie birgt aber auch die Gefahr, dass sich bei stark schwingenden Brennkammern ( "Bild 3.2.2-5") Schindeln lösen und die Turbine beschädigen.
"Bild 3.2.1-1": Von einer Brennkammer wird beileibe nicht nur die Verbrennung des Kraftstoffes erwartet. Es gibt eine Vielzahl an Forderungen wie und unter welchen Bedingungen dies zu geschehen hat, um den problemlosen Betrieb zu gewährleisten (Lit. 3.2-24). Hierzu gehören:
- Eine stabile Verbrennung ( "Bild 3.2.1-3" und "Bild 3.2.2-5") bei allen Betriebszuständen.
- Hoher Verbrennungswirkungsgrad. (Aus- brenngrad).
- Niedrige Druckverluste bzw. niedriger Strö- mungswiderstand.
- Gleichmäßiges Temperaturprofil (Bild "Bild 3.2.3-2") am Austritt zur Hochdruckturbine (“G“).
- Ein Minimum an Schadstoffemissionen wie NOx, CO, Ruß und unverbrannte Kohlen- wasserstoffe ( "Bild 3.2.1-3").
- Niedrige Bauteilkosten.
- Gute Zünd- bzw. Starteigenschaften.
- Lange Lebensdauer
- Preiswerte und einfache Wartung und Überholung ( "Bild 3.2.1-2").
Eine Brennkammer besteht aus mehreren typischen Komponenten: Dem inneren Brennkammermantel (“A”), der die Flamme umschließt. Dem Druck aufnehmenden und tragenden äußeren Brennkammergehäuse (“B”). Dem inneren Gehäuse (“C”). Dem Brennkammerdom (“E”) der die Brennkammer gegen die Strömungsrichtung abschließt. Dem Kopf des Einspritzsystems mit Zufuhr von Vormischluft (“Swirler”, “F”) und der eigentlichen Kraftstoffdüse (“D”). Die Vormischung kann auch in einer besonderen Vormischkammer erfolgen ( "Bild 3.2.1-5.2").
Eine typische Brennkammer läßt sich entsprechend der Funktion in mehrere Zonen einteilen:
Vor dem Kopf sorgt ein Diffusor für ausreichend niedrige Strömungsgeschwindigkeit der Verbrennungsluft.
In der Primärzone, auch Reaktionszone oder Brennzone genannt, findet ein Großteil der Verbrennung statt.
In der Mischzone oder Zwischenzone erfolgt gegebenenfalls die restliche Verbrennung. Hierzu kann noch Luft zugeführt werden.
Eine weitere Mischzone (“dilution zone”) kann sich anschließen. Es wird nochmals Luft eingeblasen, um eine gewünschte, niedrigere Gastemperatur zu erzielen (siehe Diagramm). In Brennkammerzonen mit hohem Temperaturniveau ist die NOx-Bildung besonders intensiv (Diagramm unten und "Bild 3.2.1-3").
"Bild 3.2.1-2": Die Radialbrennkammern (Silobrennkammern) einer Maschine der obersten und einer der untersten Leistungsklasse machen Größenverhältnisse deutlich. Eigenschaften wie z.B. Inspizierbarkeit, Montage und Transport werden von der Göße einer Brennkammer entscheidend beeinflusst.
"Bild 3.2.1-3": Die Stabilität einer Verbrennung hängt vom Luftdurchsatz bzw. der Strömungsgeschwindigkeit und dem Kraftstoff/ Luft-Verhältnis ab (Lit. 3.2-24). Stabilität der Verbrennung ist nur in einem bestimmten, brennkammerspezifischen Bereich gegeben (Diagramm links). Außerhalb dieser Zone kann es zu Instabilitäten, d.h. einem Flackern der Flamme und entsprechenden Druckschwingungen kommen ( "Bild 3.2.2-5"). Dies gilt besonders für Brennkammern mit NOx- reduzierenden Maßnahmen. Senkt man dazu die Flammtemperatur mit einem besonders mageren Kraftstoff/Luft-Gemisch in der Primärzone ( "Bild 3.2.1-1") ab oder wird Wasser flüssig oder als Dampf ( "Bild 3.2.2-3") eingespritzt, liegen Bedingungen vor, die eine instabile Verbrennung begünstigen.
Im rechten Diagramm sind die Flammtemperatur und die Geschwindigkeit der NOx- Bildung in Abhängigkeit vom Kraftstoff/Luft-Gemisch aufgetragen. Wie leicht zu erkennen ist, sind die hohen Flammtemperaturen im Bereich der stöchiometrischen Verbrennung zu finden. Hier reicht der zur Verfügung stehende Sauerstoff gerade noch für eine vollständige Verbrennung des zugemischten Kraftstoffes. In diesem Feld liegt auch die intensivste NOx-Entstehung. Magere Gemische, d.h. Gemische mit hohem Luftüberschuss, führen zu niedrigeren Flammtemperaturen. Entsprechend wenig NOx entsteht. Leider wird die Bildung des unerwünschten CO umso stärker, wenn keine vollständige Oxidation mehr stattfindet . Bei fetten Gemischen mit hohem Kraftstoffüberschuss steigt die Bildung von Ruß und unverbrannten Kohlenwasserstoffen.
"Bild 3.2.1-4": Will man den Wirkungsgrad einer Gasturbine erhöhen und gleichzeitig die NOx-Entstehung minimieren, sind zwei eher gegensätzliche Forderungen zu erfüllen. Die Turbineneintrittstemperatur muss bei möglichst niedriger Verbrennungstemperatur angehoben werden. Dies wird dann am besten erreicht, wenn eine derart homogene Temperatur in der Brennkammer vorliegt, dass beide Temperaturen annähernd gleich sind. Daraus folgt, dass wenig Kühlluft der Brennkammerwandung in den Heißgasstrom gelangen darf. Andererseits sollte die Temperatur der Brennkammerwand wenig von der Gastemperatur abweichen, d.h. sie muss relativ hoch sein. Diese Forderungen können moderne Brennkammern ( "Bild 3.2.2-2") mit einer sog. Schindelkonstruktion erfüllen (Skizze links, Lit 3.2- 6, 3.2-7 und Lit. 3.2-23). So gelingt es, die unterschiedlichen Betriebsbelastungen der Brennkammerwandung auf zwei optimierte Strukturen aufzuteilen. Die tragende, relativ kühle, äußere Wand (“A“) nimmt die Kräfte aus Druckunterschieden und mechanischen Belastungen (Befestigung bzw. Krafteinleitung) auf. Sie trägt als Schutz vor thermischer Überlastung eine innere Schindelstruktur (“C“). Diese Schindeln sind üblicherweise durch eine Verschraubung (“B“) lösbar befestigt. Keramische Schindeln werden möglichst elastisch (z.B. federnd) gehalten, um Wärmedehnungsunterschiede auszugleichen (Skizze rechts). Dafür gibt es durchaus verschiedene Lösungen. Diese besonders temperaturstabilen Schindeln können sich bei Wärmedehnungsunterschieden untereinander und/oder gegenüber der Tragstruktur frei dehnen. Sie werden von der Rückseite mit einem Luftstrom (“D“), der durch die Spalte in den Brennraum eintritt, gekühlt. Um den Kühlluftstrom klein zu halten, können metallische Schindeln auf der Brennraumseite mit einer Wärmedämmschicht versehen sein (Skizze links). Die rechte Skizze zeigt schematisch eine Anordnung mit vollkeramischen Schindeln (“A“). Ein Serieneinsatz erfolgt in Brennkammern von Maschinen der oberen Leistungsklasse (Lit. 4.3-30).
"Bild 3.2.1-5.1" (Lit. 3.2-27, Lit. 3.2-28 und Lit. 3.2-9): Um die NOx-Entstehung zu minimieren, setzen sich bei Industriegasturbinen schwerer Bauart und Derivaten ( "Bild 3.2.2-2") Vormischbrennkammern durch. Eine Ausführung ist hier dargestellt. Damit wird eine magere Verbrennung erreicht. So lässt sich die Flammtemperatur geeignet reduzieren ( "Bild 3.2.1-1" und "Bild 3.2.3-10"). Typisch ist die Zweiteilung in eine Vorkammer (Plenum) in der Kraftstoff, hier Gas, mit Luft gemischt wird und dann über einen Strömungskanal (Vormischstrecke) in die eigentliche Brennkammer gelangt. Erst hier erfolgen Zündung und Verbrennung. Eine solche Anordnung hat neben den Problemen einer instabilen Verbrennung (Bild 3.2.2- 5), die auch sog. Dry-Low-Nox-Brennkammern der Flugturbinenderivate kennen noch zwei weitere. Es kommt zu einer schnellen Überhitzung der Struktur um die Vormischstrecke und einem Versagen des Brenners. Dabei wirken die erhitzten, typischerweise ungekühlten Wände auf den Überhitzungsvorgang selbstverstärkend.
Eine Ursache für die Verbrennung in der Vormischstrecke ist die Selbstentzündung. Auf Grund hoher Temperaturen und Drücke (absinkende Selbstzündtemperatur und Anstieg der Sauerstoffkonzentration) sowie ungünstiger (langsamer) Strömung und örtlicher Kraftstoffkonzentration (‘stöchiometrische Blasen’) kann das Gemisch bereits in der Vormischstrecke zünden.
Dabei ist der Zündverzug (Zeit bis zur Zündung) von großer Bedeutung. Je größer der Zündverzug, umso eher ist das schnell strömende Gas-Luftgemisch aus der Vormischstrecke in der Brennkammer bevor es zündet.
"Bild 3.2.1-5.2" (lit. 3.2-27): Flammrückschlag ist eine weitere Möglichkeit ( "Bild 3.2.1-5.1") das Kraftstoff-Luft-Gemisch bereits in der Vormischkammer zu zünden. Ursachen für Flammrückschläge in Vormischbrennern (Bild 3.2.1- 5.2):
- Ungünstige Strömungsbedingungen lassen die Flamme aus der Brennkammer in die Vormischstrecke zurückschlagen.
- Brenngeschwindigkeit: Die Flamme kann sich in Zonen gegen die Strömung ausbreiten, in denen die Strömungsgeschwindigkeit kleiner als die Brenngeschwindigkeit (Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme) ist. Das ist z.B. der Fall, wenn beim Verdichterpumpen die Strömungsgeschwindigkeit zu weit abfällt. Weil die Brenngeschwindigkeit mit der Turbulenz der Strömung ebenfalls ansteigt, ist von einer Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit nicht unbedingt eine Abhilfe zu erwarten.
- Brennkammerschwingungen ( "Bild 3.2.2-5"): Überschreitet deren Stärke eine Grenze, kann das den Flammrückschlag auslösen. Dabei überlagert sich die niederfrequente pulsierende Gasschwingung mit der Strömung. Das führt zu örtlich niedriger periodischer Strömungsgeschwindigkeit und Druckverlust. In diesen Bereichen kann sich die Flamme strömungsaufwärts bewegen.
- Kern einer Drallströmung: Der radiale Druckgradient erzeugt eine zentrale Rückstromzone. Bei ausreichend hoher Rückströmungsgeschwindigkeit schlägt die Flamme in den Brenner
Wandgrenzschicht: Bevorzugt in unverdrallten, turbulenzarmen Strömungen (laminare Grenzschicht). Auch hier begünstigen die niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten den Flammrückschlag
Nach dem Rückschlag unterstützt die ansteigende Brenngeschwindigkeit gegen die Strömungsrichtung die Flammstabilisierung an der Gaseinblasung (Injektor).
"Bild 3.2.1-6" (Lit. 3.2-27): Die Zündverzugszeit, d.h. die Zeitspanne vom Erreichen der Zündtemperatur bis zur Zündung, ist für das Risiko einer Selbstentzündung in der Vormischzone wesentlich. Je länger dieser Zeitraum, umso unwahrscheinlicher ist, dass das Kraftstoff-Luftgemisch bereits in der Vormischzone zündet. Es ist dann bereits in die Brennkammer eingetreten.
Im Niedertemperaturbereich unter ca. 700 °C, wie er in der Vormischzone vorliegt, ist die Zündverzugszeit für reines Methan so groß, dass eine Selbstentzündung ausgeschlossen werden kann.
Anders sieht es bei Erdgas aus. Dessen Hauptbestandteil ist zwar Methan. Der Zündzeitverzug ist aber wegen des Rests aus höheren Kohlenwasserstoffen deutlich verkürzt. Damit sinkt die Chance, dass das Gemisch vor einer Selbstzündung die Brennkammer erreicht.
Kerosin oder Dieselöl setzen ebenfalls im Niedertemperaturbereich die Zündverzugszeit deutlich herab (um zwei Zehnerpotenzen gegenüber Methan). So besteht erhöhte Selbstentzündungsgefahr
Dies zeigt, wie stark selbst scheinbar kleine Kraftstoffänderungen das Schadensrisiko durch Selbstentzündung beeinflussen.