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4.2.3.2 Dichtungen

Statische Dichtungen

Dichtungen in statischen Anwendungen an Magnetstopfen, Boroskopöffnungen, Rohrleitungen und Ölablassschrauben. Es gibt eine Vielzahl von Dichtungsformen, -werkstoffen und Beschichtungen mit speziellen Eigenschaften. Meist haben sie Ringform, z.B. als O-Ringe und Blechprofile. Entsprechend vielseitig sind auch die möglichen Probleme ( "Bild 4.2.3.2-1"). Dichtungen sind gewöhnlich nur einmal zu verwenden, weil sie sich im Betrieb bleibend verändern bzw. geschädigt werden.

Elastomere verlieren über lange Betriebszeiten ihr plastisches und/oder elastisches Verformungsvermögen durch Quellen, Verhärten oder Verspröden. Es kommt zu bleibender Verformung und/ oder Rissbildung mit der Gefahr von Undichtigkeiten. Eiine ausreichende Dichtwirkung ist dann nicht mehr gewährleistet. Wichtig ist also, vom OEM zugelassene Dichtungen zu verwenden.

Besonderer Aufmerksamkeit bedarf die Montage von statischen Dichtungen, insbesondere ORingen ( "Bild 4.2.3.2-2"). Hier ist besondere Erfahrung und Fachkunde erforderlich, um Schädigungen sicher zu vermeiden.

Gleitende Dichtungen (Gleitringdichtungen)

Der Begriff gleitende Dichtungen wurde gewählt, weil diese „Berührungsdichtungen“ nur funktionieren, wenn sich im dichtungswirksamen Bereich ein Schmierfilm zwischen den gegeneinander bewegten Dichtflächen bildet. Deshalb ist der Einlauf nach der Montage des Dichtrings entscheidend für das Betriebsverhalten. Fehlt hier der Gleitfilm kommt es zur Überhitzung der Dichtlippe und frühzeitiger Leckage. Ein besonderer Vorteil gegenüber Labyrinthdichtungen liegt an der Dichtigkeit im Stillstand.

In der Literatur findet man den Dichtungstyp unter verschiedenen Bezeichnungen wie RadialWellendichtring, Radialdichtring, Wellendichtring. Er wird landläufig nach einem bekannten Hersteller auch als ‘Simmerring’ bezeichnet. Der englische Begriff ist „rotary shaft seal“.

Diese Dichtungen werden zur Abdichtung von Flüssigkeiten genutzt. Dazu gehören Schmieröl, Kraftstoff und Hydraulikflüssigkeit. Die begrenzte Temperaturbeständigkeit des Elastomers, aus der das Dichtelement (Dichtlippe) besteht, bestimmt den Einsatz. Hauptanwendungsgebiete sind Nebengetriebe, Pumpen, Regler und ölgeschmierte Anbaugeräte.

Bild 4.2.3.2-1

"Bild 4.2.3.2-1" (Lit. 4.2-4): Um Schäden an ORingen vorbeugend oder mit Abhilfen zu vermeiden ist es notwendig, Schadensursachen und -mechanismen zu identifizieren. Voraussetzung ist die Bewertung des Schadensbilds. Auf spezifische Probleme soll im Folgenden detaillierter eingegangen werden:

Chemische Zersetzung wird in erster Linie von der Betriebstemperatur bestimmt. Sie sollte unter der Langzeit-Temperatur für Elastomere, meist zwischen 135 und 150°C liegen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Dauertemperatur und nicht um eine kurzzeitige Maximaltemperatur (siehe Abschnitt „Thermische Schädigung“) handelt. Bei zu hoher Temperatur kommt es zu einer Veränderung der Molekülstruktur (Alterung). Die thermische Beständigkeit eines Elastomers ist auch bei gleichem Typ stark von der individuellen Qualität abhängig. Dabei spielen Verunreinigungen und die Vernetzung der Moleküle eine wichtige Rolle. Eine Zersetzung lässt sich beispielsweise auch von Spurenmetallen auslösen. Das bedeutet, dass die Qualitätssicherung sich letztendlich auf den Hersteller und die Bezugsquelle verlassen muss. Das kann unter dem Gesichtspunkt von SUPs von Bedeutung sein.

Typische Folgen einer Alterung sind:

  • Die Versprödung ist das Hauptproblem und kann als Folge eines temperaturbedingten Alterungsprozesses angesehen werden. Sie macht für Versagen und Rissbildung bei schockartiger Belastung besonders empfindlich. Zur Versprödung neigen „Nitrile“.
  • Festigkeitsabfall
  • Werkstoffveränderung/Zersetzung
  • Rissbildung und Risswachstum. Eine besondere Form ist innere Rissbildung als Folge eindiffundierter Gase.
  • Blasenbildung. Auch diese Schäden sind auf Gasdiffusion zurückzuführen.
  • Bleibende Verformung, Kriechen. In diesem Zusammenhang steht die Abnahme der Rückfederung (engl. resilience).
  • Kohlendioxid kann sich in manchen Elastomeren vollkommen lösen und diese mit einer schwammartigen Struktur zum Schwellen bringen.

Thermische Schädigung wird hier als Folge einer Überhitzung verstanden. Sie tritt ein, wenn die Temperatur überschritten wurde, bei der sich kurzzeitig das Elastomer zersetzt. Eine solche Situation liegt vor, wenn nach dem Abstellen der Gasturbine Öl- oder Luftkühlung fehlt. Das führt zu starkem Aufheizen durch die benachbarten Heißteile („Heat Soaking“, "Bild 3.5-8").

Kompressionsverformung ist eine plastische (bleibende) Verformung des O-Rings unter den Druck-Anlagekräften. Im Zusammenhang mit Temperaturwechseln und der dabei entstehenden Volumenänderung des Rings kann ein Leck entstehen. Besonders Fluor-Elastomere (Fluorkautschuk) neigen bei der typisch hohen Einsatztemperatur zur Kriechverformung.

Explosiver Druckabfall: In das O-Ring Elastomer eindiffundiertes Medium, besonders Gas, sammelt sich unter der Oberfläche in Fehlstellen wie Mikroporen. Bei einem plötzlichen Druckabfall expandiert das Gas oder es kommt zur Dampfbildung. Die Folge sind Schädigungen wie Blasen, Risse und Löcher.

Extrusion geht auf eine Überlastung des ORings durch die Druckdifferenz am Dichtspalt zurück.

Einbauschaden: Gibt es in unterschiedlicher Weise. Am häufigsten sind Schnitte und abgescherte Bereiche, die auf Unachtsamkeit beim Zusammenschieben der Dichtflächen entstehen. Hierzu lassen sich auch sog. Spiralschäden zählen. Sie stehen im Zusammenhang mit einer Verdrillung des O-Rings. Diese entsteht bei drehendem Zusammenschieben.

Ausgasen und/oder Herauslösen von Bestandteilen zeigt sich im Schrumpfen auf Grund des Volumenverlusts. Bei hohen Temperaturen kann es zu einem chemischen Zersetzungsprozess kommen. Er lässt Anteile des Dichtungsmaterials flüssig oder gasförmig werden. Besonders thermoplastische Urethane sind für eine solche Schädigung empfindlich. Dringt Wasserdampf oder überhitztes Wasser in die Poren die sich beim Ausgasen bilden, entsteht eine schwammartige Struktur. Ist der O-Ring nicht genügend abgestützt, muss mit einem schnellen Dichtungsschaden gerechnet werden.

Bild 4.2.3.2-2

"Bild 4.2.3.2-2" (Lit. 24.2-4): Dem Laien erscheint die Montage eines O-Rings einfach und unproblematisch. Dies täuscht. Sowohl das Einbringen des O-Rings vor dem Fügen in eine Nut bzw. auf den Sitz erfordert Vorsicht und Geschick. Muss der Ring über Kanten der Nut, Absätze oder Gewinde ( "Bild 4.2.3.2-5") geschoben werden, kann er von einem Schneidvorgang beschädigt werden. Dies begünstigt die übliche elastische Aufweitung und entsprechend hohe Schnittkräfte.

Eine besonders kritische Montagephase ist das Zusammenschieben der Dichtflächen. Wenn der O-Ring bereits in der Wellennut sitzt („A“), lässt er sich im heiklen Moment des Einschiebens beobachten.

Sitzt der O-Ring in einer Nut der Bohrung („B“), ist er nicht beobachtbar. Ungeeignetes Handling und/oder eine zu scharfe Kante kann den O-Ring unbemerkt abscheren. Um das zu erkennen, bedarf es Erfahrung und Gefühl. Verrutschende O-Ringe („D“) können ihre Dichtfunktion nicht mehr erfüllen. Dabei kann der O-Ring ganz oder teilweise aus der Nut verschoben sein. Er kann sogar auch bei der Montage so weit verrutschen, dass sein Fehlen nicht bemerkt wird.

Als ein ernstes, kaum zu erwartendes Problem hat sich das Vergessen von O-Ringen („E“) herausgestellt. Eine solche Situation wird bei einer Dichtung mit zwei O-Ringen wahrscheinlicher. Nicht selten ist eine mangelnde Berücksichtigung der ‘Human Factors’ mitursächlich.

Bild 4.2.3.2-3

"Bild 4.2.3.2-3": Abweichungen von der fluchtenden, zentrischen Lage der Welle zum Dichtring können offenbar sehr unterschiedliche Auswirkungen haben.

  • Rundlaufabweichung/Schlag/umlaufende Biegung bis in eine Größenordnung von Zehntel-Millimetern kann wider Erwarten die Dichtwirkung verbessern. Die Auswirkung eines sog. ‘Schlags’ der Dichtlippe unterscheidet sich vom Versatz. Ein Schlag tritt nur bei Rotation auf. Er beansprucht die Dichtlippe über den gesamten Umfang.
  • Radialer Versatz, oft nur als ‘Versatz’ bezeichnet (mittlere Skizze), ist im Gegensatz zum Schlag auch im Stillstand vorhanden. Die Dichtlippe wird sowohl bei Stillstand als auch bei Rotation örtlich am Umfang ausgelenkt. Das kann hier zu Schädigungen durch thermische Überlastung und/oder plastischer Verformung (Kriechen) führen.
  • Schiefstellung der Welle (untere Skizze): Im Bereich eines Winkelgrads scheint sich die Dichtwirkung nicht zu verschlechtern. Das gilt auch für Schleifriefen, die leicht von der Umfangsrichtung abweichen. Die Axialbewegung der Welle wird vom Lagerspiel ermöglicht und unterstützt die Förderwirkung. Sie erhöht damit die Dichtwirkung.

Bild 4.2.3.2-4

"Bild 4.2.3.2-4": Die Topografie der Wellenoberfläche kann für die Dichtwirkung von erheblicher Bedeutung sein. Gewöhnlich handelt es sich um Schleifflächen nach dem Einstichverfahren (Skizze unten). Trotzdem ist immer mit schräg verlaufenden Bearbeitungsspuren zu rechnen. Die Drallwirkung dieser mikroskopischen Spuren wurde häufig überschätzt. Das änderte sich mit der Erkenntnis, dass die Förderwirkung durch die Struktur der Elastomerdichtfläche als eigentlicher Dichtmechanismus wirkt.

Man kann sich die, wenn auch nicht entscheidende, Förderwirkung des Dralls von Schleifriefen zu Nutze machen. Dazu stimmt man die Richtung der Steigung auf die Dreh- und Dichtrichtung ab (Skizze oben). In einem solchen Fall ist die Drallrichtung mit einem Zeichen auf dem Bauteil unmissverständlich anzugeben.

Bild 4.2.3.2-5

"Bild 4.2.3.2-5": Die Montagemethode (Skizze unten rechts) hängt von der Einschubrichtung ab. Wichtig ist, ob die Dichtung zuerst auf die Welle und dann in das Gehäuse geschoben wird. Die andere Möglichkeit ist, die Dichtung zuerst in das Gehäuse und dann die Welle einzuführen. Der ersten Methode sollte, wenn möglich, der Vorzug gegeben werden. Die einzuführende Stirnseite der Welle sollte eine Anfasung (Detail oben) oder einen Radius aufweisen. Bei reparierten Laufflächen ist ganz besonders auf Gratfreiheit und einen sanften Kantenübergang zu achten. Das gilt auch für kleine Ausbrüche in der Kante einer Chromschicht . Zur Sicherheit kann eine Büchse mit geeigneter Kante auf die Welle geschoben werden (Skizze rechts). Das ist besonders ratsam, wenn die Welle Nuten aufweist. Eine leicht drehende Bewegung kann das Einschieben erleichtern.

Das symmetrische und schonende Einpressen und damit die Zentrierung der Dichtung im Gehäuse lässt sich mit einer glockenförmigen Vorrichtung gewährleisten (Skizze unten links). Dabei kann der äußere Dichtungssitz vorschriftsgemäß geschmiert werden. Auch die Eintrittskante der Aufnahmebohrung im Gehäuse sollte eine geeignete Fase aufweisen (Detail oben links). Ein kontinuierlicher Einpressvorgang kann ohne Überlastungen ablaufen. Er vermeidet die Haftreibung. Unter ungünstigen Montagebedingungen kann es notwendig sein, die Spannfeder der Dichtung vorher zu entfernen und nach der Positionierung der Dichtung wieder aufzusetzen. Das empfiehlt sich, wenn die Dichtung mit der Rückseite zuerst eingeschoben werden muss.

Merksatz:

Beim Einbau eines Radialdichtrings ist darauf zu achten, dass entsprechend den Vorschriften die Dichtflächen (Dichtlippe, Wellengleitfläche) behandelt werden. Gegebenenfalls ist für ausreichend Schmiermittel (Öl, Fett) zu sorgen.

Bild 4.2.3.2-6

"Bild 4.2.3.2-6": Diese Tabelle soll den Praktiker unterstützen. Sie kann nicht Angaben in Handbüchern und Vorschriften ersetzen. Das gilt besonders für Abhilfen bei Dichtungsschäden. Das Problem zu erkennen (Merkmal) ist Voraussetzung für eine zielführende Abhilfe. Dazu ist der Schadensmechanismus mit den spezifischen Ursachen zu identifizieren. Hinweise auf ein Problem der Wartung: Hier beginnt bereits die Schwierigkeit mit dem Erkennen des Schadensmerkmals. Nicht immer fällt es auf. Liegt es in räumlichem Abstand (Öltropfen, Ölspur) zum Leck, kann es manchmal nicht mit diesem in Zusammenhang gebracht werden.

Als Nächstes stellt sich die Frage, ob die Beobachtung noch im normalen Bereich liegt, oder bereits als ungewöhnlich anzusehen ist. Eine Entscheidung benötigt befriedigende Angaben in Handbüchern, dazu Fachkunde und Erfahrung. Beispielsweise ist zu entscheiden, ob es sich bei ‘ausschwitzendem’ Öl bereits um ein Leck handelt. Die Angaben im Handbuch bedürfen der Interpretation, wenn die Arbeitsunterlagen einen Ermessensspielraum geben. In diesem Fall ist ausreichend Fachkunde notwendig. Es gilt betroffene Funktionen und mögliche Auswirkungen bei Dichtungsversagen zu kennen.

Für den Wart oder Prüfer feststellbare äußere Merkmale eines Schadens eines Radialdichtrings sind:

  • Bedenklich hohe Leckrate. Für diese Einstufung sollten ausreichend genaue Handbuchangaben vorliegen
  • Sichtbar geschädigte Dichtung: Rissbildung, mechanische Beschädigung.
  • Große Reibung, die sich in einer Schwergängigkeit der Welle zeigt. Auch hier ist für die Bewertung Erfahrung notwendig.

Ist der Befund als Fehler erkannt bzw. eingeschätzt, muss aus den relevanten Merkmalen des Schadensbefunds auf die Ursache/n geschlossen werden.

Bild 4.2.3.2-7

"Bild 4.2.3.2-7": Dieses Bild soll die vielen Schädigungseinflüsse auf eine Gleitringdichtung bewusst machen und so Hilfestellung geben. Tritt an einer Gleitringdichtung ein Schaden oder Problem auf, kann das Schadensbild dem Fachmann wichtige Hinweise auf ursächliche Einflüsse geben. Für eine möglichst sichere Aussage sind die Befunde mehrerer Elemente zu kombinieren. Verschleißspuren an Berührungsflächen der axialen Nachstellung können mit Laufspur/Tragbild in Zusammenhang stehen ( "Bild 4.2.3.2-9").

Es folgt ein Überblick zur Auswirkung typischer Einflüsse: Korrosion und andere chemische Reaktionen: Es ist zu berücksichtigen, dass Verschleißvorgänge frische reaktive Metalloberflächen schaffen, die unerwartet korrosionsanfällig sind.

Ölverunreinigungen ( "Bild 3.5-3" und "Bild 3.5-5") oder Alterungsprodukte können dabei Dichtungselemente angreifen ( "Bild 4.2.3.2-1" und "Bild 4.2.3.2-8"). Immer ist aber auch eine spezifische Empfindlichkeit des Materials notwendig. Das gilt beispielsweise für Spannungsrisskorrosion oder Wasserstoffversprödung von Federn aus hochfesten Stählen. Elementbildung tritt beim Kontakt unterschiedlicher Metalle in einem als Elektrolyt wirkenden Schmieröl auf. Dies entsteht durch ungeeignete Additive, Alterung oder Verunreinigungen.

Harte thermische Spritzschichten und Sinterschichten auf der rotierenden Dichtfläche („2“) können durch Korrosion geschädigt werden. Bei Wolframcarbid (WC) in einer Co-NiMatrix wird die Matrix selektiv aufgelöst. So kommt es zum Ausbrechen der harten WC Partikel. Als Folge ist eine hohe Verschleißrate zu erwarten.

Elastomere der statischen Abdichtung („4“, z.B. O-Ringe) des Gleitrings können auf unterschiedliche Weise geschädigt werden ( "Bild 4.2.3.2-1"). Wird die Axialbewegung des Gleitrings behindert, entsteht ein Leck.

Verschleiß kann in unterschiedlicher Art auftreten.

  • Schwingverschleiß (engl. fretting) entsteht an Berührungsflächen der axialen Zustellung. Er kann sich mit Korrosionsvorgängen wechselseitig verstärken
  • Gleitverschleiß an den Dichtflächen hat eine Ursache im Trockenlauf nach Zusammenbruch des Schmierfilms.

Ein weiteres Problem sind abrasive Partikel/ Ölverunreinigungen oder

  • ein ungeeignetes Tribosystem im Dichtspalt.
  • Erosion auf Flächen die von einem intensiven Ölstrom mit harten Verunreinigungen beaufschlagt werden.

Kavitation ( "Bild 3.5-19") ist von den Strömungsbedingungen des Öls abhängig. Sie beeinflussen Druck, Temperatur und Geschwindigkeit. Auch Besonderheiten der Dichtflächen wie Planizität haben entscheidenden Einfluss. So kommt es zur Gas-/ Dampfblasenbildung im Dichtspalt mit Ausbrüchen und Abtrag auf den Gleitflächen.

Neuteilerstellung und Reparatur: In erster Linie sind die Dichtflächen von Gleitring und Welle von Abweichungen betroffen:

  • Planschlag/Verzug,
  • Welligkeit,
  • Topografie/Rauigkeit,
  • Ungenügende Haftfestigkeit einer Gleitschicht,
  • Abweichungen des Gleitringmaterials (Kohle/Grafit): Porosität, unzureichende Bindung.
  • Der Kassettentyp begünstigt die Möglichkeit der Anwendung nicht zugelassener Produkte.

Montage- und Handlingprobleme: Bereits eine geeignete Lagerung muss den unbeschädigten Zustand der Dichtung gewährleisten. Das gilt besonders für den empfindlichen Kohledichtring. Typische einbaurelevante Probleme sind

  • Fluchtung der Gleitflächen,
  • Beschädigung der Gleitringkanten,
  • Beeinträchtigung der axialen Nachstellung,
  • ungeeigneter axialer Anpressdruck,
  • Verunreinigungen (Staub, abrasive Partikel).

Betriebsbedingte mechanische Belastungen: Treten Schäden an Gleitringdichtungen auf, handelt es sich wahrscheinlich um einen Folgeschaden. Dabei ist zu überprüfen, ob ungewöhnliche mechanische/physikalische Betriebsbedingungen vorlagen:

  • Heftige Vibrationen (Unwuchten;Luftschwingungen, Gasschwingungen in der Brennkammer, "Bild 3.2.2-5").
  • Große axiale und radiale Bewegungen der Wellen (Lagerspiel, Verdichterpumpen, "Bild 3.1.1-6", Wärmedehnungen), Labyrinthschäden.
  • Hohe Drücke/Druckdifferenzen.
  • Ölfeuer,
  • Druckstöße (Verdichterpumpen , Bild 3.1.1- 6).

Bild 4.2.3.2-8

"Bild 4.2.3.2-8": In diesem Bild wird versucht, Details der Schadensbilder von Laufringspuren mit typischen Merkmalen schematisch darzustellen.

„A“ Ungleichmäßige Laufspur, mögliche Ursachen:

  • Verzug des Laufrings durch zu hohe Füge-/ Haltekräfte.
  • Verzug als Folge fertigungsbedingter Eigenspannungen.
  • Ungenügende/unebene Auflage der abstützenden Gleitringrückseite.
  • Fluchtfehler einer segmentierten Dichtung.
  • Einbaufehler.
  • Qualitätsmängel.

„B“ Riefige Laufspur, „C“ Erosion, mögliche Ursachen:

  • Verschmutzung beim Einbau
  • Abheben der Gleitflächen durch Vibrationen, kurzzeitiger trockener Kontakt (flashing), temperaturbedingter Verzug, zu hoher Druck im Dichtspalt.
  • Schmiermittelmangel auf der Laufspur.

„D“ Koksbildung, mögliche Ursachen:

  • Zu hohe Betriebsbeanspruchung (Temperatur, Druck, Umfangsgeschwindigkeit),
  • Verunreinigtes, gealtertes Öl ,
  • unzureichende Wärmeabfuhr,
  • Verdampfung des Öls im Dichtspalt,
  • Ungenügende Überwachung der Betriebsdaten.

„E“ Thermische Rissbildung, mögliche Ursachen:

  • Zu hohe Betriebsbeanspruchung (Temperatur, Druck, Umfangsgeschwindigkeit),
  • Schmiermittelmangel auf der Laufspur, Trockenlauf
  • Ungenügende Überwachung der Betriebsdaten.

„F“ Ausbrüche an den Rändern der Laufspur, mögliche Ursachen:

  • Abheben der Gleitflächen,
  • Betrieb im Verdampfungsbereich,
  • Vibrationen,
  • Kavitation,
  • Fertigung/Qualität,
  • Ungenügende Einbaubedingungen, - zu hohe Betriebsbelastung (Druck, Temperatur, Umfangsgeschwindigkeit),
  • Schmiermittelmangel auf der Laufspur

„G“ Ausbrüche in der Laufspur, Blasenbildung (Blistering). Mögliche Ursachen:

  • Ungeeignetes Material/Tribosystem,
  • Zu hohe Betriebsbelastung (Druck, Temperatur, Umfangsgeschwindigkeit),
  • Kurzzeitiger Trockenlauf (flashing).

Anmerkung: Blistering bei Kohledichtringen wird in "Bild 4.2.3.2-10" behandelt. Es tritt im Kontakt mit Öl auf

Bild 4.2.3.2-9

"Bild 4.2.3.2-9": Die Laufflächen einer Gleitringdichtung können wichtige Hinweise auf Probleme und Schadensursachen geben. Die Bilder zeigen typische schematisierte Befunde für das Tribosystem Kohlegleitring-Stahllaufring.

Typische Merkmale im Tragbild sind (siehe auch "Bild 4.2.3.2-8"):

  • rotierende Gleitfläche
    • Intensität, Vorhandensein, Fehlen (d),
    • Breite (c,b),
    • radialer Versatz (f,g),
    • nur Teile einer Laufspur vorhanden (f),
    • Unterbrechungen und deren Verteilung (e).
  • Laufbahnschäden der rotierenden Gleitfläche:
    • Tiefgehender Verschleiß (k),
    • größere Ausbrüche einer Hartbeschichtung (i),
    • Ausbröckeln einer Hartbeschichtung (h),
    • Rissbildung (I).
  • Statische Gleitfläche (Kohlering)
    • Ausbrüche an den Kanten (m),
    • Grübchen auf der Lauffläche (n),
    • Blasenbildung auf der Lauffläche (n).

Bild 4.2.3.2-10

"Bild 4.2.3.2-10": Blasenbildung (engl. carbon blistering) an Kohledichtringen zur Ölabdichtung ist offenbar die wichtigste Ursache für Leckagen.

Das Schadensbild sind glänzende Bereiche. Sie zeigen manchmal kleine radiale Risse und /oder Grübchen an den aufgebrochenen Blasen (Detail unten rechts). Die Blasenbildung in der Lauffläche stört die für die Dichtwirkung benötigte Ebenheit der Gleitfläche. Man unterscheidet drei Ausprägungen:

  • Typ I: glänzender Fleck.
  • Typ II: glänzender Fleck von dem radiale Mikrorisse ausgehen
  • Typ III: Grübchenförmiger Ausbruch mit radialen Mikrorissen.

Entstehungsmechanismus der Blasenbildung (mittlerer Rahmen): Dieser Schaden entsteht bereits bei wenigen schädigenden Zyklen. Es handelt sich um einen selbstverstärkenden zyklischen Schädigungsmechanismus. In der Anfangsphase (Typ I) erzeugt ein Poliereffekt die glänzende Oberfläche. Der hydrodynamische Ölfilm dringt zu den oberflächennahen Poren im Kohlegleitring („1“ und „2“). Bei einem schnellen Temperaturanstieg auf Grund hoher Öltemperatur oder Reibungswärme dehnt sich das Öl in den Poren aus („3“). Kann das Öl nicht schnell genug entweichen, wird eine kleine Zone unter der Gleitfläche aufgesprengt (Detail oben). Dabei wird der betroffene Oberflächenbereich (‘Deckel’ ) geringfügig angehoben. Schon im Bereich von zehn schädigenden Temperaturwechseln ist mit Blasenbildung zu rechnen. Damit scheinen die Temperaturwechsel entscheidend zu sein. Im Bereich der Blase verstärkt sich Flächenpressung und Reibungswärme. So entstehen Wärmespannungen und mechanische Biegespannungen im „Blasendeckel“. Weitere Belastungszyklen erzeugen Risse (Typ II), bis die Reibungskräfte den Blasendeckel abheben (Typ III).

Die Blasenbildung steigt

  • deutlich mit dem abzudichtenden Öldruck, der den Druck in den Poren bestimmt,
  • merklich mit der Ölviskosität. Sie beeinflusst die Druckentlastung in den Poren,
  • weniger ausgeprägt mit der Gleitgeschwindigkeit.

Dieses Verhalten ist für alle drei Parameter (Zyklen, Öldruck und Ölviskosität) materialabhängig. Beispielsweise ist die schädigende Blasenbildung am Gleitring bei einer keramischen Gegenfläche allgemein schwächer als bei einer Stahlfläche.

Literatur zu Kapitel 4.2

4.2-1 G.W.Scheper, A.J.Mayoral, E.J.Hipp, GE Co., „Maintaining gas turbine compressors for high efficiency“, Power Engineering/August 1978.

4.2-2 B.Porter, Shell UK, „Maintenance of Aero-Derived Industrial Gas Turbines“, ASME Paper 81- GT-192, (1981).

4.2-3 J.W.Sawyer, „Sawyer´s Turbomachinery Maintenance Handbook I“, Turbomachinery International Publications USA, (1980).

4.2-4 A. Rossmann, „Die Sicherheit von Turbo-Flugtriebwerken“, Band 5, Kapitel 23.4.1, 2008.

4.2-5 „State of the Art Performance Monitoring Systems for Gas Turbines, Process Compressors & CHP Systems - Optimised Washing“, Fa. Gas Path Analysis Ltd., www.gpal.co.uk, 2008.

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