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4.2.2.1 Reinigungsmittel
So sorglos (?) wie bei der Auswahl der Waschmittel für unser Auto sollten wir bei einer Gasturbine nicht sein. Mittel zum Waschen des Verdichters sollten vom OEM explizit zugelassen sein. Angaben und Beteuerungen des Waschmittellieferanten sowie die Einschätzung der Unbedenklichkeit oder Kompatibilität mit zugelassenen Medien ohne den OEM kann nicht genügen. Es ist z.B. möglich, dass die Maschine Technologien wie Spritzschichten als Verschleißschutz oder Einlaufbelag aufweist, die bereits bei kleinen Abweichungen der Zusammensetzung des Waschmittels bedenklich reagieren.
Entfettungsflüssigkeiten auf Cl-Basis, wie “Per“ oder “Tri“ werden heute nicht mehr verwendet. Das hat mehrere Gründe. Zunächst besteht Gesundheitsgefahr beim Wartungspersonal. Aber auch die Sicherheit von Bauteilen ist betroffen. Bei normalerweise hochkorrosionsfesten Bauteilen aus Titanlegierungen können dünnste Reaktionsschichten entstehen. Als Folge einer Aufheizung im Betrieb, ausreichend hohen Zugspannungen (insbesondere an Kerben) und eines empfindlichen Werkstoffzustands (z.B. Schweißnaht) entsteht rissartige Korrosion (Spannungsrisskorrosion).
In Gasturbinen werden in steigendem Maß Kunststoffe angewandt. Sie reagieren auf spezifische Medien (z.B. Lösungsmittel) empfindlich ( "Bild 4.2.3.2-1"). Einlaufschichten und Abdichtungen aus Elastomeren quellen und/oder lösen sich ab. Kunstharze verspröden und schrumpfen mit Rissbildung. Füllstoffe in einer Kunstharzmatrix können geschädigt werden (Beispiel 4.2-8). Korrosionsempfindliche, lackierte Werkstoffe wie Magnesiumlegierungen, können eine Schädigung des üblichen Kunstharzlacks erfahren. Das begünstigt Stillstandkorrosion ( "Bild 3.6.1-5"). Weiter besteht die Möglichkeit, dass Schmiermittel aus Gleitlagerflächen (z.B. von Gelenkstangenköpfen oder Leitschaufelverstellungen) ausgewaschen werden.
Beispiel 4.2-3: Der Verdichter eines wartungsbewussten Betreibers zeigt an Einlaufschichten im vorderen Bereich einen für diesen Gasturbinentyp ungewöhnlichen Korrosionsangriff. Die Recherchen ergaben, dass über längere Zeit ein vom Hersteller nicht zugelassenes, ungeeignetes Mittel zum Verdichterwaschen verwendet wurde.