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2.4 Das Abschalten und der Stillstand.

Sowohl beim Abschalten als auch beim Start handelt es sich um einen instationären Betriebsvorgang. Trotzdem unterscheidet sich die Belastung der Bauteile deutlich.

In erster Linie geht es um die Thermoermüdung der Heißteile ( "Bild 3.3-16"). Beim Abschalten kühlt die Luft aus dem Verdichter (über die großen Schaufeloberflächen) die Turbinenscheiben in der Außenzone schnell ab. In den beim Aufheizen während des Starts plastisch gestauchten Kranzbereichen treten nun Zugspannungen auf. Sie stehen mit den Druckspannungen im nabennahen Scheibenbereich im Gleichgewicht. In diesem zweiten Teil des Thermozyklus ist also der Scheibenkranz kurzzeitig hoch zugbelastet (siehe "Bild 3.3-17"). Das gilt besonders für Integrale Turbinenräder deren Schaufeln fest mit der Scheibe verbundensind, d.h. nicht eingesetzt sind. Man findet sie häufig in Gasturbinen kleiner Leistung. Aus beiden Vorgängen (Start und Abstellen) resultiert ein typischer Thermoermüdungsschaden, der zur lebensdauerbestimmenden, sogenannten Kranzrissbildung, führt ( "Bild 3.3-17"). Zumindest anfangs liegt ein stabiler Rissfortschritt vor. Deswegen werden solche Risse in Erfahrungsgrenzen toleriert.

Dünne Querschnitte der Turbinenbeschaufelung werden besonders schnell abgekühlt und erfahren wechselnde Zugspannungen einer Thermoermüdungsbelastung ( "Bild 3.3-9"). Schichtrisse können bei Schaufeln mit Diffusionsschutzschichten vor allem im Bereich niedriger Bauteiltemperaturen auftreten. Diese Schichten verhalten sich bei Temperaturen unterhalb 700 o C spröd ( "Bild 3.3-7" und "Bild 3.3-9"). Schichtrisse sind wiederum Keime für Heißgaskorrosion oder Rissfortschritt. Deshalb ist es wichtig, dass die verwendeten Schutzschichten den Besonderheiten der Maschine angepasst sind. So ist auch verständlich, dass beim Abschalten der Maschine auf das vom OEM vorgeschriebene oder empfohlene Vorgehen zu achten ist.

Nach dem Abschalten kommt es besonders im Inneren der Maschine zu einer starken Konvektion, d.h. durch aufsteigende Luft kühlen tiefer liegende Gehäuse- und Rotorzonen deutlich schneller ab als die oben liegenden. Das führt zeitweise zu entsprechend großen Temperaturgradienten mit Wärmeausdehnungsunterschieden und damit zu elastischen Verformungen. Spiele in Labyrinthen und an Schaufelspitzen werden nicht selten überbrückt und der Rotor klemmt ( "Bild 2.2-1"). Ein “Freiwerden” des Rotors kann, je nach Maschinentyp, durchaus eine Stunde benötigen. Selbst wenn der Rotor frei ist, kann noch eine Verkrümmung (Rotorbow) vorhanden sein, die unzulässige Unwuchten mit entsprechenden Vibrationen beim Start erzeugt. Deshalb sind die notwendigen Zeitintervalle zwischen Starts einzuhalten. Diese vom OEM angegebenen Intervalle sind bereits bei der Maschinenbeschaffung zu bedenken ( "Bild 2.2-1").

Ein weiteres potenzielles Problem ist eine Verkokung im Ölsystem, das sog. „Heat Soaking“ ( "Bild 3.5-8"). Es entsteht durch den Wärmefluss (Leitung, Strahlung) von den Heißteilen im Stillstand.

Notabschaltungen können durch extrem schnelle Abkühlung die Zugspannungen in den Heißteilen so erhöhen, dass in diesen Zonen die Lebensdauer der Bauteile zehnmal stärker reduziert wird als bei einem Start. Auch während des Stillstands kann eine Gasturbine durchaus schädigenden Einflüssen ausgesetzt sein. Die Stillstandskorrosion wirkt sich besonders deutlich aus. Kommt es aufgrund ausreichend niedriger Temperaturen und Luftfeuchtigkeit zu Schwitzwasserbildung und befinden sich im Verdichter korrosive Ablagerungen, z.B. aus Meeresatmosphäre, so liegt eine merkliche Korrosionsbelastung vor. Auf Grund dieser Voraussetzungen ist leicht verständlich, dass erfahrungsgemäß von derartigen Schäden besonders solche Gasturbinen betroffen sind, die relativ wenig Laufzeit innerhalb einer langen Zeitspanne aufzuweisen haben. Anfällig sind Bereiche des Verdichters aus niedrig- und hochlegierten Vergütungsstählen. Typisch sind Lochfraßschäden an Werkstoffen vom Typ “13%-Cr-Stahl”. Solche Stähle gelten zwar im Volksmund als “rostfrei“, sie sind es aber nur im polierten Zustand. Für eine typische betriebsbeeinflusste Oberfläche (Erosion) gilt dies nicht. Betroffene Bauteile werden heute üblicherweise mit Al-gefülltem, anorganischem Lack geschützt, der neben einer hervorragenden Erosionsbeständigkeit und bei geeigneter Behandlung (Glasperlenstrahlen) einen kathodischen Korrosionsschutz bietet. Da sich jedoch nicht alle Flächen derart schützen lassen (Passsitze, Flanschanlagen, Schaufelfüße und Passbohrungen eignen sich hierfür nicht), bleibt es die Aufgabe des Betreibers, Korrosionsbedingungen im Stillstand nach Möglichkeit zu vermeiden. Weitere korrosionsempfindliche Bauteile bestehen aus Magnesiumlegierungen und Aluminiumlegierungen, besonders im Kontakt mit anderen Metallen (z.B. Gewindeeinsätze aus Stahl). Auch Einlaufbeläge im vorderen Verdichterbereich aus Al-gefülltem Polyesterkunstharz sind korrosionsgefährdet ( "Bild 3.1.2.3-1")

Im Heißteil, wo in der Regel nur wirklich rostbeständige Legierungen auf Ni-Basis oder austenitische Fe-Basis-Werkstoffe zum Einsatz kommen, tritt wider Erwarten auch wässrige Korrosion auf. Es besteht meist ein Zusammenhang mit versilberten Schrauben oder Muttern ( "Bild 3.4-4"). Das Silber der Beschichtungen wird abgelöst und scheidet sich auf benachbarten Bauteilzonen ab. Im Betrieb bei erhöhter Temperatur beginnt dann ein lochfraßartiger Angriff (Sulfidation). Notwendig ist hierzu offenbar eine besondere Atmosphäre und/oder besondere, schwefelhaltige Ablagerungen, die jedoch bisher nicht ausreichend spezifizierbar waren.

Diese Korrosion kann durch ungeeignete Schmiermittel, die bei der Montage verwendet wurden, begünstigt werden (Kapitel 4.2.2.4). Unter Verdacht stehen MoS-haltige Produkte. Der Schwefelgehalt solcher Hilfsstoffe ist als Voraussetzung für die Sulfidation zu sehen. Wenn bereits bei der Maschinenbeschaffung (Kapitel 1) bekannt ist, dass signifikante und unvermeidbare Korrosionsbedingungen vorliegen werden, kann dies für den Fachmann ein wichtiges Kriterium der Maschinenauswahl sein. Er wird darauf achten, dass die Werkstoffe der betroffenen Komponenten und die angewandten Technologien ausreichend korrosionsunempfindlich sind.

Der Betreiber kann ebenfalls dazu beitragen, dass Korrosion kein Problem wird, indem er regelmäßige (von außen mögliche) Inspektionen des Verdichters auf Anzeichen für Korrosion durchführt. Dafür ist die Boroskopierung geeignet ( "Bild 4.1-3" und "Bild 4.1-5"). Merkmale sind Verfärbungen durch Rost und Abblättern oder blasenartiges Aufwerfen von Einlaufbelägen ( "Bild 3.1.2.3-1").

Vorbeugend lässt sich etwas gegen Korrosion tun, indem man deren Voraussetzungen vermeidet. Zunächst ist darauf zu achten, dass keine vermeidbaren korrosiven Medien angesaugt werden ( "Bild 3.1.2.2-1"). Eine Maschinentemperatur im Stillstand, die eine Schwitzwasserbildung verhindert, ist eine Möglichkeit. Es ist auch denkbar, durch regelmäßiges und sinnvolles “ Waschen” des Verdichters (Kapitel 4.2) dafür zu sorgen, dass sich keine korrosiv wirkenden Beläge bilden.

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