Eine Niederdruckturbine treibt über die gleiche Welle den Niederdruckverdichter an und liefert die Nutzleistung. ( "Bild 2.1-7", "Bild 2.1-9" und "Bild 3.1-2"). Eine Arbeitsturbine (engl. „power turbine“) dient nur der Nutzleistungsabgabe ( "Bild 2.1-7", "Bild 2.1-8" und 3.1-2). Da diese Turbinen vergleichbaren Belastungen unterworfen sind, werden sie hier unter dem Oberbegriff Niederdruckturbine (NDT) behandelt.
An der Niederdruckturbinenwelle ist üblicherweise der Generator oder das anzutreibende Aggregat (z.B. Verdichter oder Pumpe) angeschlossen. Bei Flugturbinen verläuft die Niederdruckturbinenwelle meist nach vorne durch die Hohlwelle des Hochdruckläufers ( "Bild 2.1-9") zum Fan oder zu einem Getriebe (Hubschrauber). Derivate dieser Maschinen für den stationären Betrieb führen die Welle häufig nach hinten ( "Bild 2.1-2" und "Bild 2.1-7"). Die NDT weist eine hohe Stufenzahl auf, um die Abgasenergie weitestgehend als Wellenleistung verfügbar zu machen. Gewöhnlich lässt sich die Niederdruckturbine des Flugtriebwerks nicht ohne Änderungen zum Antrieb eines Generators oder einer Pumpe nutzen ( "Bild 2.1-2"). Es wäre nämlich Zufall, wenn die Drehzahl passt. Deshalb muss ein Getriebe zwischengeschaltet, oder eine eigens ausgelegte Nutzturbine verwendet werden. Diese Nutzturbinen sind z.B. für den Antrieb von Generatoren wegen deren fester Drehzahl üblich. Ihre vielen großen Bauteile repräsentieren einen erheblichen Kostenanteil der Anlage. Wegen ihrer langen, relativ filigranen Schaufeln, sind sie erfahrungsgemäß für größere Fremdkörper empfindlich. Das bedeutet, dass z.B. ein Schaufelbruch im Gaserzeuger sehr kostspielige Folgeschäden verursacht.
Die Niederdruckturbine dreht sich im Vergleich zur Hochdruckturbine deutlich langsamer und ist thermisch niedriger belastet. Gastemperaturen der vorderen Stufen moderner Maschinen liegen jedoch bei ca. 950 °C. Sie fallen zum Turbinenende auf Abgastemperaturen von unter 600 °C ab. Dieser Situation wird durch die Verwendung weniger warmfester Werkstoffe und/oder geringerer bzw. fehlender Kühlung Rechnung getragen. So kann auch die Lebensdauer dieser Schaufeln begrenzt sein.
Maschinen der neuesten Generation haben eine Niederdruckturbine, deren erste Stufen bereits gekühlt sind und mitunter schon aus Einkristallwerkstoff oder gerichtet erstarrtem Material bestehen. Im Vergleich zur Hochdruckturbine sind sowohl die zeitlichen und räumlichen Temperaturgradienten als auch die absoluten Temperaturen deutlich niedriger. Im Zusammenwirken mit der relativ niedrigen Fliehkraftbelastung wird damit die Wahrscheinlichkeit von Schäden durch normalen Betrieb wesentlich geringer.
Betriebserfahrungen zeigen, dass die Niederdruckturbine typischen Einflüssen unterliegt, die besondere Schadensmechanismen auslösen. Es handelt sich in erster Linie um Korrosion (Sulfidation, "Bild 3.4-2" und "Bild 3.4-3"), die bei den Bauteiltemperaturen der Niederdruckturbine wirksam wird. So ist es gerade für die Niederdruckturbine von besonderer Bedeutung, ob die Ansaugluft des Verdichters schädliche Verunreinigungen aufweist und welche Qualität der verwendete Kraftstoff hat.